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Iranische Manöver am Golf haben begonnen

■ Die USA wollen trotz iranischer Drohungen an ihrer Geleitschutzpolitik festhalten / Khomeini macht erneut USA für das Blutbad in Mekka verantwortlich / Bundesmarine zur Entlastung der USA in den Atlantik und ins Mittelmeer? / Sicherheitsrat berät über Sanktionen

Washington/Teheran (ap/afp/ dpa) - Der Iran begeht in diesem Jahr das Opferfest, mit dem die islamische Welt seit gestern das Ende der Pilgerfahrt in Mekka feiert, auf seine Weise: In der Nacht zum Dienstag begannen unter dem Namen „Märtyrertum“ dreitägige Manöver vor der 1.400 Kilometer langen iranischen Küste. Wie die iranische Nachrichtenagentur IRNA meldete, beteiligten sich mehrere tausend Revolutionsgardisten und Freiwillige an den Übungen. Iran hatte alle Schiffe und Flugzeuge aufgefordert, den Verkehr in den iranischen Hoheitsgewässern sowie dem Luftraum ab Montag 24 Uhr einzustellen. Jegliches Zuwiderhandeln werde eine „harte Konfrontation“ nach sich ziehen. Es ist jedoch umstritten, ob die iranische Grenze zwölf Meilen vor der Festlandsküste oder zwölf Meilen vor den iranischen Inseln verläuft. Am Dienstag ging der Schiffverkehr im Golf stark zurück. Die Übungen begannen unmittelbar nachdem das unter US– Flagge fahrende kuwaitische Schiff „Gas Prince“ den Persisch– Arabischen Golf verlassen hatte. Wie der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, am Montag erklärte, wollen die USA trotz neuerlicher iranischer Drohungen auch weiterhin Geleitschutz gewähren. Zur Weigerung der Verbündeten, die amerikanische Marine im Golf zu unterstützen und Minenräumschiffe zu schicken, sagte er, daß Großbritannien in direkten Kontakt mit dem Weißen Haus ge treten sei und deutete an, daß die Regierung in London das amerikanische Ersuchen noch nicht abgelehnt habe. Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner lehnte am Montag in Washington eine Entsendung deutscher Kriegsschiffe in den Golf aus Verfassungsgründen erneut ab. Wörner fügte jedoch hinzu, die Bundesregierung überlege, ob sie zur Entlastung der US– Marine „ein oder zwei Schiffe der Bundeswehr zeitlich begrenzt“ in den Atlantik oder ins Mittelmeer schicke. Eine solche Aktion solle am besten in Abstimmung mit den NATO–Partnern erfolgen. Die Bundesregierung hat am Montag die Zwischenfälle in Mekka und die große Zahl der Opfer bedauert. In Bonn wird befürchtet, daß die von iranischen Pilgern ausgelösten Zusammenstöße in Mekka zu neuen Spannungen führen, die die Friedensmöglichkeiten am Golf beeinträchtigen. Die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates haben am Montag in New York Beratungen über mögliche Sanktionen begonnen. In einer Botschaft an die 150.000 iranischen Pilger beschuldigte der Revolutionsführer Ayatollah Khomeini die USA erneut, für das Blutbad in Mekka verantwortlich zu sein. Zugleich griff er das saudische Herrscherhaus scharf an und bestritt die Befähigung der königlichen Familie, Beschützer der heiligen Stätten zu sein. Demgegenüber beschuldigten die oppositionellen iranischen Volksmudjahedin das Regime in Teheran, von langer Hand die Unruhen in Mekka vorbereitet zu haben. In einem Kommunique der Organisation aus Bagdad hieß es, zu diesem Zweck habe das Khomeini–Regime viele leitende Funktionäre, darunter mehrere Minister, Geistliche und mindestens 20 Abgeordnete mit auf die Pilgerfahrt geschickt. Schon einige Tage vor den Zwischenfällen sei es in der Stadt Medina zu Sitzungen von drei verschiedenen Kommissionen gekommen, an denen auch „Terroristenführer aus dem Libanon“ teilgenommen hätten, um die Ausführungen des „Komplotts“ zu organisieren.

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