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Iraks Tor zur Außenwelt

■ An der jordanisch-irakischen Grenze trafen am Freitag 16.000 Flüchtlinge ein: Araber, Inder und Pakistaner

Ruweished - Das einzige Tor des Iraks zur Außenwelt, das noch in beide Richtungen offen ist, ist jetzt dieser abgelegene Posten in Ruweished an der jordanisch-irakischen Grenze, wo der leichteste Windstoß Wolken von Staub aufwirbelt. Hier ist zu beobachten, daß Jordanien bislang das UN-Embargo gegen das Nachbarland nicht befolgt. Am Freitag beispielsweise warteten hier zahlreiche Lastwagen mit Weizen, Reis, Baumwolle, Metallen und anderem auf die Abfertigung zur Weiterreise in den Irak. Vor allem aber ist Ruweished jetzt eines der Schlupflöcher für Ausländer, die aus dem Irak fliehen.

Allein an diesem Freitag trafen hier 16.000 Menschen ein, die die Furcht vor einem Krieg eine lange, schwierige Reise beginnen ließ. Sie wollen jetzt nach Hause - und das heißt für meisten, die an diesem Tag den Posten passieren, Ägypten, aber auch Jordanien, Libanon, der Sudan, Syrien, Indien oder Pakistan. Amerikaner oder andere westliche Ausländer sind schon an diesem Tag nicht mehr unter den Flüchtlingen.

Wenn sie in Ruweished eintreffen, haben sie eine über 30stündige Fahrt durch eine mondartige Landschaft bei großer Hitze hinter sich. Mit ihren Pässen und ihrem Gepäck wandern die Flüchtlinge nun von Büro zu Büro, um die notwendigen Stempel für die Einreise nach Jordanien zu bekommen. Es sind kaum Frauen darunter. Sie versuchen im spärlichen Schatten der Baracken von Banken oder Versicherungen einen Platz zu finden.

Es fehlt an Bussen für die Weiterreise der Flüchtlinge. Deshalb kommt es gelegentlich zu Raufereien. In Kuwait herrsche schlicht Furcht, sagen die Ankommenden. Hier will niemand von der Größe der arabischen Nation sprechen. Nur einer der Lastwagenfahrer, der die Grenze in Richtung Irak passieren will, stimmt ein Loblied auf den Bagdader Staatschef Saddam Hussein an. „Lieber essen wir Dreck, um Saddam Hussein zu helfen, als Honig aus Kalifornien“, meint Yussef Talleh, der Weizen aus Kanada geladen hat.

Die Flüchtlinge dagegen wollen davon nichts wissen. Mancher, der sein Fernsehgerät oder ein anderes Elektrogerät noch mitnahm, mußte es bei den irakischen Zollbeamten abliefern. Es sei nicht schwierig gewesen, Kuwait zu verlassen, sagt ein libanesischer Händler, der mit seinen zwei Kindern in einem Konvoi von acht Fahrzeugen am Freitag morgen hier eintraf. An den irakischen Kontrollposten kurz vor der Grenze zu Jordanien warteten jedoch lange Autoschlangen auf die Durchfahrt. Tausende Autos stünden dort, erklärt er. Er selbst sei aus Kuwait geflüchtet, nachdem sein Geschäft verwüstet worden sei. Bei sich trägt er gerade noch 100 Dollar - genug, so hofft er, für das Benzin für die Weiterfahrt.

Dan Williams ('Los Angeles Times‘

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