: Iraks Opposition formiert sich
200 Delegierte aus rund 30 verschiedenen Oppositionsgruppen diskutieren bis Freitag in Wien Strategien zum Sturz Saddam Husseins/ Wird das Treffen die „Geburt der Demokratisierung des Irak“? ■ Aus Wien Thomas Dreager
Als die „Geburt der Demokratisierung des Irak“ bezeichnete der irakische Oppositionelle Dr. Leith Kubba den seit gestern in Wien stattfindenden „Irakischen Nationalkongreß“. Über 200 Delegierte von rund 30 verschieden irakischen Oppositionsgruppen wollen bis Freitag Strategien zum Sturz Saddam Husseins entwickeln. Ein erfolgreicher Coup gegen die Saddam-Regierung ist laut Kubba nur mit Hilfe von Kräften im Irak möglich. Allerdings gebe es „innerhalb der Baath-Partei, im Militär und im Beamtenapparat“ viele Unzufriedene, die bereit seien, Saddam Hussein zu stürzen, wenn sie denn das richtige Signal bekämen.
Die Teilnehmer der nicht umsonst „irakische Nationalversammlung“ getauften Veranstaltung wollen eine „repräsentative, unabhängige und glaubwürdige politische Alternative“ zu irakischen Führung bilden.
Einhellig bekannten sich die Veranstalter zur „politischen und territorialen Einheit des Irak“. Zwar bestehe der Irak aus verschiedenen Volksgruppen, aber Kurden, Schiiten, Sunniten und verschiedene Minderheiten bildeten einen einzigen Staat. Vor allem die USA hatten sich nach Ende des zweiten Golfkriegs geweigert, die Aufstände der Kurden und Schiiten zu unterstützen, da sie ein Auseinanderfallen des Irak und die damit verbundene Destabilisierung der Region mehr fürchteten als den geschwächten Saddam Hussein.
Um den Eindruck der Zersplitterung der irakischen Opposition auszuwischen, hatten die Veranstalter möglichst viele politische und religiöse Organisationen sowie ethnische Gruppen eingeladen. Ein schwieriges Unterfangen, denn niemand weiß ganz genau, wie viele Oppositionsgruppen und -strömungen es eigentlich gibt. Neben Kurdenführer Dschalal Talabani und dem ehemaligen irakischen General Hassan an Nakib, wurden auch Vertreter der assyrischen, turkmenischen und yezidischen Minderheiten eingeladen.
Unklar war gestern, ob und welche der vom Iran unterstützten schiitischen Organisationen teilnehmen würden. Gestern tauchte zwar eine Handvoll Bärtiger mit schwarzen Turbanen auf. Sie kamen jedoch nicht aus dem Iran, der, so vermuten manche, eher an einer „Normalisierung“ der Beziehungen zum Irak interessiert sei. Auf dem Podium saß Muhammed, Muhammed Ali. Der in London lebende Schiit vertrat die „Supreme Assembly for an Islamic Revolution in Irak“ (SAIRI).
Die Kurden, die erst vor wenigen Wochen einen „Kurdischen Nationalrat“ im Nordirak gewählt hatten, gaben sich skeptisch. Für die Patriotische Union Kurdistans (PUK) kam Parteichef Dschalal Talabani, für die Kurdische Demokratische Partei (KDP) Massud Barzanis dessen Stellvertreter Mohsen Dizaee. Zwar betonten auch sie einhellig, ein „Teil des Irak“ zu sein. Dennoch kündigten sie an, genau nachzufragen, welche Garantien den Kurden im Falle eines Sturzes von Saddam Hussein eingeräumt würden. Denn: „Wir haben in letzter Zeit schon viele Versprechungen gehört.“
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