: Intuitives Gebären
■ „Elterngarten“ des Diako „fördert“ werdende Eltern
Das Neugeborene brüllt nonstop. Was tun? Was wäre richtig? „Wir müssen von den Kategorien richtig/ falsch weg“, sagt die Hebamme Rita Ohlsen-Scheller, Leiterin des jüngst eröffneten „Elterngartens“ im Diakonissen-Krankenhaus. „Wir wünschen uns, daß die Eltern selber wieder kreativ werden und daß sie lernen, auf ihr eigenes Empfinden zu vertrauen.“ Manchmal ist der Grund unaufhaltsamen Babygejammers ein ganz einfacher: Das Bett ist kalt, muß nur etwas angewärmt werden. Ein andermal zwickt die Kleidung. Der „Elterngarten“ soll ein Ort sein, wo sich Eltern über Probleme rund um Schwangerschaft, Geburt und Säuglingszeit austauschen können.
Eigentlich, so die MitarbeiterInnen, seien die Eltern gar nicht so hilflos, wie sie meinen. Es sei nur sehr schwer für sie zu entscheiden, was gut ist. „Wir wollen ihnen hier das Vertrauen vermitteln, daß sie mit der Situation umgehen können“, sagt der Arzt Armin Neumann. Eltern wollen alles richtig machen. Tritt eine Abweichung auf, können sie sich nur schwer umstellen. Beispiel Geburt: Gab es noch vor dreißig Jahren in Europa keine Alternative zum liegenden Gebären im Bett, so hat sich heute der Gebärhocker fast zu einem neuen Dogma entwickelt. „Viele denken, man müsse stehend oder sitzend gebären. Das ist Quatsch. Es braucht überhaupt keine programmierte Geburt“, sagt Ohlsen-Scheller. Jede Frau müsse für sich selber rausfinden, was ihr gefällt. Da gibt es auch mal eine, die am liebsten auf der Seite liegend gebären möchte.
So soll auch in den Geburtsvorbereitungskursen nicht das „Richtig oder Falsch-Spiel“ gespielt werden. So seien zum Beispiel bestimmte Techniken oder das „richtige Atmen“ überholt. Häufig kämen Paare mit eingeengten Vorstellungen an. Sie wollen zum Beispiel wissen, ob es nun besser ist, daß der Damm reißt, oder ob man ihn besser schneiden soll. In den Kursen soll das Für und Wider ausführlich gemeinsam besprochen werden. Entscheiden jedoch muß letztlich die Frau selbst.
Um das Trauma eines negativen Geburtserlebnisses zu bearbeiten, gibt es im „Elterngarten“ die Gruppen „Leere Wiege“ für Eltern mit Totgeburten und „Kaiserschnitt“, beide von einer Psychologin geleitet. Besonders anhand dieser zwei Kurse werde deutlich, weshalb ein gemeinsames Zentrum von Hebammen, KrankengymnastInnen, ÄrztInnen und PsychologInnen wichtig sei, sagt Neumann. „Das Körperliche kann ich behandeln. Aber nur mit Hilfe von mehreren Heilberufen erreicht man die ganzheitliche Behandlung.“ vivA
Elterngarten am Diako, Gröpelinger Heerstr. 406/408, T.: 61021242 (Mo-Do 11.00-13.00 Uhr).
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