DIE VERHÖRE VON IRAKISCHEN EXPERTEN IM AUSLAND BRINGEN WENIG: Interessen und Erkenntnisse
Der amerikanische Druck auf die UN-Waffeninspektoren im Irak wächst, endlich brauchbare Ergebnisse zu liefern. Die Befragung von irakischen Wissenschaftlern im Ausland gilt dabei für Washington als wichtigstes Instrument. Über die Legalität dieser bisher im internationalen Recht einzigartigen Maßnahme gibt es keine Zweifel. Laut UN-Resolution 1441 dürfen die Inspektoren Wissenschaftler mit samt ihren Familien ins Ausland bringen und dort befragen.
Doch dieses neue Instrument, das auch von Irakern, die dem Regime nicht nahe stehen, oft als Provokation und nationale Erniedrigung angesehen wird, wirft zahlreiche Fragen auf, zum Beispiel über die Verlässlichkeit der Informationen.
Klar ist: Wer einmal mit Familie den Irak verlässt und über die irakischen Waffenprogramme Auskunft gibt, der braucht nur ein Einfachticket. Der Wissenschaftler muss praktisch Informationen liefern, die sein Verbleiben im Ausland rechtfertigen, denn seine Sicherheit im Irak könnte nicht mehr garantiert werden. Zu leicht lassen sich lukrative Angebote an den Wissenschaftler ausmalen, gerade aus den USA, die verzweifelt nach einem Kriegsgrund suchen. Solche Aussagen aus dem Munde eines irakischen Wissenschaftlers dürfen also nicht unbedingt für wahr gehalten werden.
Daraus ergibt sich die Frage, ob die Informationen eines irakischen Wissenschaftlers automatisch als „schwerwiegender Verstoß“ gegen die UN-Resolution und damit als Casus Belli interpretiert werden können. Dass die USA bereits vor Wochen erklärt hatten, auch die Lücken im schriftlichen offiziellen irakischen Bericht über dessen Waffenprogramme seien als „schwerwiegender Verstoß“ anzusehen, lässt ahnen: Washington wird versuchen, auch nur den kleinsten Hinweis eines irakischen Wissenschaftlers zum endgültigen Kriegsgrund erklären. Andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats müssen dann darauf bestehen, die Informationen zuvor erneut im Irak selbst von den Waffeninspektoren überprüfen zu lassen. Findet sich dort dann immer noch nichts, steht das Wort des Wissenschaftlers gegen den Augenschein der Inspektoren. Damit wäre der Bruch im Sicherheitsrat vorgezeichnet. KARIM EL-GAWHARY
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