: Innere AL-Opposition
■ ÖkosozialistInnen in der AL auf Identitäts- und Bündnispartnersuche / Strömungspolitische Organisierung geplant
Leicht hat sie es nicht, die Gruppe von schließlich etwa 30 Leuten, die sich am Sonntag nachmittag in einem Cafe unter dem Firmennamen „ÖkosozialistInnen in der Regierungspartei“ traf. Vorgesehen sind mehrere Treffen der AL -Strömungsgruppe, die sich nun ähnlich wie die „Grünen Panther“ und die „Undogmatische Linke“ zusammentun will.
Die Einladenden, darunter die AL-Bundestagsabgeordnete Siggi Frieß und das Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der AL, Eberhard Mutscheller, verstehen sich als eine Art innerparteilicher Opposition zur rotgrünen Koalition. Sie sind sich darüber klar, daß die Zeichen der Zeit eher gegen das stehen, was sie „Systemopposition“ nennen. Die meisten der Anwesenden waren zwar nicht grundsätzlich gegen ein rot-grünes Bündnis, kritisierten aber Art und Zustandekommen der jetzigen Koalition. Für Eberhard Mutscheller, der das Eingangsreferat hielt, hat die AL „seit dem 29. Januar ihr Selbstbewußtsein an der Garderobe abgegeben“. Die AL habe immer wieder einen Kniefall vollzogen und das mit Sachzwängen zu rechtfertigen versucht. Erreicht habe man gerade mal „nach dem Hundekoterfolg die Busspuren und die Umweltkarte“. Nur radikale Forderungen und große Worte, dafür aber wenig Einfluß zu haben und höchtens als radikales Alibi herzuhalten, lehne er ab. Mutscheller sprach sich aber eindeutig für ein Verbleiben in der AL aus, da die Liste immer noch „offen ist gegenüber systemoppositionellen Ansätzen“.
Für die Bundestagsabgeordnete Siggi Frieß war das nicht so klar. Sie meinte, die AL habe sich „von der Politik verabschiedet“, deswegen könne sie nicht sicher sagen, „ob für mich die AL noch die Partei ist, wo ich meine Interessen noch einbringen kann“. Sie plädierte, wie andere Redner nach ihr, dafür, sich mit „linken Zusammenhängen außerhalb der AL zusammenzutun“, und dann festzustellen, ob man noch weiter in der AL bleiben könne. Ihr fehlten vor allen Dingen sozialistische und feministische Elemente bei der neuen Regierungspartei.
Auch Dieter Liehmann, Mitarbeiter des AL -Bundestagsabgeordneten German Meneses, schätzte, daß die „ÖkosozialistInnen in der AL über keine Basis mehr“ verfügten. Der Anpassungsprozeß der AL finge gerade erst an. Es ginge nun nicht an, daß die linke Strömung nun jedem Antrag hinterherlaufe mit der Haltung „Liebe Leute, so geht das nicht.“ „Genau das machen die Jusos auch!“
Die AL sei immer mehr zu einer Partei der Mitte geworden, befanden andere, in deren Gremien keine sozialistische Politik mehr möglich sei. Johann Müller-Gazurek, Ex -Bundesvorstandsmitglied der Grünen, sah aber immer noch „gute Möglichkeiten, in der AL systemoppositionelle Politik“ zu machen. Er, der sich als „Beobachter“ bezeichnete, hielt nichts von Strömungsgruppen. „Die AL darf nicht in ihre Segmente zerfallen“, warnte er.
Die ÖkosozialistInnen wollen in Zukunft regelmäßige Diskussions- und Schulungstreffen veranstalten und innerhalb und außerhalb der AL Gleichgesinnte ausfindig machen. Ihre Positionen wollen sie mithilfe eines zu schaffenden ökosozialistischen Infos austauschen. Sie wollen sich auch in die entstehende Strukturdebatte der AL einmischen.
RiHe
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