Initiative für mehr direkte Demokratie: „Die Berliner wollen mitgestalten“
Eine Initiative will die Direkte Demokratie in Berlin stärken – und dies mit einem Volksentscheid durchsetzen. Doch die Hürden dafür sind hoch.
taz: Frau Witt, Ihre Initiative will per Volksentscheid mit dem „Gesetz zur Stärkung der Direkten Demokratie“ die Berliner Verfassung ändern. Wie kam es zu der Idee?
Esther Witt: Der Auslöser war für uns die Änderung des Gesetzes für den Erhalt des Tempelhofer Feldes durch das Abgeordnetenhaus im März. Wir haben uns Gedanken gemacht, wie ein Volksentscheid wirkt und warum er nicht verbindlicher ist für die Politik. Gegen die Änderung gab es viel Protest bei den Berlinern. Doch der wurde einfach so überhört.
Was sind Ihre Forderungen?
Der wichtigste Punkt ist, dass Volksentscheide verbindlicher werden. Wenn das Parlament ein per Volksentscheid verabschiedetes Gesetz ändert, müssen die Bürger die Möglichkeit haben, über diese Änderung per Volksentscheid neu zu entschieden. Im Moment kann das Abgeordnetenhaus ein solches Gesetz mit einfacher Mehrheit kippen. So wurde das Tempelhof-Gesetz von 740.000 Bürgern verabschiedet und von 80 Parlamentariern wieder geändert. Das wollen wir ändern. Zudem sollten für den Senat wie für die Initiativen gleichermaßen Fristen gelten. Derzeit kann sich der Senat für Kostenschätzung und Zulässigkeitsprüfung so lange Zeit nehmen, wie er will. Das nimmt den Initiativen die Planungssicherheit. Und wir möchten, dass Volksentscheide grundsätzlich auf Wahltermine gelegt werden.
Warum auf Wahltage?
Das ist praktikabler für alle. Man geht einmal zur Wahl, und es werden Kosten gespart, weil nur einmal die Wahlunterlagen rausgeschickt werden. Bei Volksentscheiden sollen so viele Leute wie möglich mitbestimmen. Warum nicht auf Wahltage legen, wenn die Leute sowieso wählen gehen und sich politisch informiert haben? Es gibt keinen Grund, Volksentscheide nicht generell auf Wahltage zu legen.
Haben Sie nicht Angst vor Volksentscheiden von Rechts?
25, Studentin, engagiert sich für das Tempelhofer Feld und in der Flüchtlingshilfe. Sie ist in der Initiative Volksentscheid Retten aktiv, die bis Ende Mai 50.000 Unterschriften sammeln muss.
Der Unterschied zwischen repräsentativer und direkter Demokratie ist da gar nicht so groß. Das Problem hat man ja sowieso. Die Wahlergebnisse der AfD sind furchtbar. Um dagegen zu halten, ist es wichtig, die Leute auf der Straße zu informieren. Dort die Diskussion zu führen ist viel besser: Bei Abgeordnetenhauswahlen kann die AfD Stimmen fischen, weil die Leute nicht richtig informiert sind und dieses Ohnmachtsgefühl haben von wegen: „Die Politiker machen eh was sie wollen“. Volksentscheide sind das beste Mittel dagegen.
Sie wollen den Satz streichen, dass Volksentscheide nur einmal pro Wahlperiode zu einem Thema zulässig sind. Ist das nicht zuviel des Guten?
Im Abgeordnetenhaus können Gesetze mehrmals pro Wahlperiode geändert werden. Warum sollte das nicht auch für die Bürger gelten?
Das Volksbegehren benötigt schon in der ersten Phase bis Ende Mai 50.000 Unterschriften – das ist ein sportliches Ziel!
Ja, aber da habe ich großes Vertrauen in Berlin. Denn die Berliner wollen mitbestimmen und mitgestalten. Ich glaube es ist eher so, dass alle darauf warten, dass es losgeht und besser wird. Wir sind gerade dabei, die ganze Stadt zu informieren. Und am Donnerstag gibt es extra eine Veranstaltung für Menschen, die sich engagieren wollen.
Start für „Volksentscheid retten!“ ist am Donnerstag, 28. April, im Heimathafen Neukölln, 19 Uhr.
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