vorlauf: In nomine praeputio
„Lauf, Jonas, lauf“
Arte, 20.45 Uhr
Wer gern über Klerus und religiöse Gebräuche spottet, wird an Dante Desarthes satirischer Komödie Spaß haben. Wenn Jonas hektisch durch Paris rennt, um seltsame mystische Dinge zu erledigen und unterwegs Nina begegnet, die von der Schnapsidee besessen ist, „Auren zu sammeln“ und es dabei auf den Papst abgesehen hat, muss man – um dies zu goutieren – allerdings Schmonzetten mit deftigem Humor mögen.
Denn der junge Mann (Clément Sibony) folgt der Aufforderung eines Rabbis und will nach der Beschneidung seines Sohnes dessen Vorhaut vergraben. Diese landet aus Versehen in Ninas (Rona Hartners) Handtasche. Ausgerechnet am Weltkirchentag, an dem Nina dem Oberhaupt der katholischen Kirche die Hand schütteln will – was jedoch an ihrem fortgeschrittenen Alter – sie ist 30! – zu scheitern droht. Und Jonas rennt der attraktiven Frau hinterher, um das Taschentuch mit der Vorhaut zurückzuergattern. Damit nicht genug der Verwicklungen. Während ein jeder seinem absurden Ziel entgegenstrebt, wird Jonas von einem grundlos eifersüchtigen Mafiosi und dessen drei finsteren, sonnenbebrillten Befehlsempfängern verfolgt. Obendrein haben ihn die Schäfchen der katholischen Kirche auserkoren, um im Namen Gottes gute Taten zu vollbringen. Nicht gerade in aller Bescheidenheit, sondern vor laufender Fernsehkamera.
„Lauf, Jonas, lauf“ ist eine lustvoll blasphemische Persiflage auf pharisäerhafte Aktionen der Nächstenliebe und kommerzielle Verfremdung von Glaubensriten. Auf der Flucht hört Jonas Autoradio und man erfährt Nachrichten von erheblichem Erkenntniswert. Zum Beispiel, welche Firma das Büffet des Kirchentags ausgerichtet hat. Am Ende landet Jonas auf der Flucht vor der Mafia in einem Kühlcontainer mit Fischen und sinniert, dass die letzten Augenblicke vor dem Tod keineswegs so erhaben sein müssen wie stets proklamiert. „Ich werde hier erfrieren wie ein Fischstäbchen“, lässt Dante Desarthe seine Hauptfigur stammeln. Und im Anschluss bedauern, dass ihm nur bescheuerte Witze einfallen. Auf diese Weise ist der Film von Beginn bis Ende schlüssig.
GITTA DÜPERTHAL
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