piwik no script img

„In hundert Jahren wird es keine Kinos mehr geben“

■ Bis es soweit ist, will Hans-Joachim Flebbe, Vorstand der CinemaxX AG, noch kräftig expandieren

taz: Multiplexe unterscheiden sich nicht besonders voneinander und zeigen alle die gleichen Filme – warum sollte man gerade in Ihr neues Kinos gehen?

Hans-Joachim Flebbe: Viele Sachen sind Standard, das ist richtig: zum Beispiel diese hoch ansteigenden Zuschauerränge, mit denen wir 1991 in unserem CinemaxX noch Vorreiter in Deutschland waren. Trotzdem behaupten wir, daß wir den Mercedes unter den Multiplexen bauen, weil wir sehr viel mehr Geld als andere in den Innenausbau stecken. Und dadurch, daß die Berlinale am Potsdamer Platz ab dem Jahr 2000 zu Gast sein wird, muß technisch alles vom Allerfeinsten sein.

Ab morgen läuft hier „Dark City“. Haben Sie eigentlich Angst, daß das hier auf dem Potsdamer Platz doch nicht die strahlende Zukunftsstadt wird – und die Besuchermassen einfach ausbleiben?

Ich glaube an den guten Geschmack der Berliner. Ich habe das Gefühl, daß man nicht so skeptisch mit diesem Platz umgehen wird. Natürlich wird immer erst mal alles heruntergeredet – was meinen Sie, wenn man in New York oder in Rom so etwas machen würde? Alle wären begeistert: O toll, was Neues, das gucken wir mal an... In Deutschland ist die Mentalität so, erst mal alles niederzumachen und ganz kritische Fragen zu stellen. Das ist genau wie bei den Filmen, die wir herstellen – darum sind die deutschen Filme in der Vergangenheit auch immer so schwer gewesen. Weil alle immer hinter allem etwas Böses vermutet.

Haben Sie noch Zeit, ins Kino zu gehen?

Für meine Altersgruppe – ich bin jetzt 46 – bin ich schon ein Heavy User. Ich gehe immer noch an die 20mal im Jahr ins Kino.

Gehen Sie dann in ein Multiplex?

In Hamburg ist mein Lieblingskino ein Filmkunsthaus mit nur zwei Leinwänden...

...das Ihnen gehört?

Klar – sonst müßte ich ja Eintritt zahlen. Meine Frau lehnt es allerdings ab, mit mir ins Kino zu gehen. Ich achte die ganze Zeit darauf, ob der Ton stimmt, das Bild scharf ist oder irgendwelche Leute ihr Popcorn zu laut essen: Das nervt sie.

Es gibt in Deutschland 60 Multiplexe. Wann wird es eng?

Es wird wahrscheinlich zuerst in Berlin eng. Dort will jeder Bezirk sein eigenes Multiplex aufmachen, und das ist nicht so besonders glücklich. In den anderen Städten gucken die Stadtverwaltungen inzwischen, wieviel Besucherpotential es eigentlich gibt. Aber innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre wird die Multiplex-Entwicklung in Deutschland abgeschlossen sein.

Was wollen Sie dann machen?

Wir werden zunächst ins Ausland expandieren. Aber die CinemaxX wird natürlich auch hier in einigen Städten weiterhin im Programm- und Filmkunstbereich tätig sein. Wir werden auch weiterhin Filmpaläste betreiben: große Kinos, die man wie ein Theater besucht, mit einem Einzelsaal. Und dann wird es vielleicht an ausgesuchten Standorten Imax-3-D-Kinos und ähnliche Sachen geben.

Seien Sie mal hemmungslos visionär: Wie wird Kino in hundert Jahren aussehen?

Ich glaube, daß es dann keine Kinos mehr geben wird. Ich mache mir allerdings mehr Gedanken über die nächsten zwanzig Jahre. Und da bin ich mir sicher, daß Kinos wie unser neues CinemaxX überleben werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen