: In der besetzten Tamilenhochburg Jaffna
■ „Friedenstruppen“ besetzten Schlüsselstellungen / Offenbar noch Kämpfe im Gange / Indien bietet Amnestie im Falle der Waffenübergabe an / Auf der Suche nach dem untergetauchten LTTE–Chef Prabakaran durchsuchten die indischen Truppen praktisch jedes Haus
Colombo/ Washington/ Neu Dehli (afp/ap) - Ein unklares Bild herrschte am Mittwoch von der Lage in der Tamilen–Hochburg Jaffna im Norden Sri Lankas. Während die indischen Truppen bereits von der Einnahme der Stadt sprachen, hieß es in lankanischen und tamilischen Kreisen in der Hauptstadt Colombo übereinstimmend, die Inder stießen nach wie vor auf Widerstand. Ein Sprecher des indischen Hochkommissariats in Colombo erklärte, die Streitkräfte seines Landes hätten die Kontrolle Jaffnas übernommen und Schlüsselpositionen wie die Stadthalle, das Fernmeldegebäude, die Hauptbücherei und den Busbahnhof besetzt. Den Tamilen seien die Fluchtwege ins Hinterland abgeschnitten worden. Den Guerillas sei eine Amnestie angeboten worden, wenn sie ihre Waffen nieder legten. Es seien entsprechende Flugblätter abgeworfen worden, und man habe das Amnestie–Angebot über Lautsprecher bekannt gegeben. Auch im staatlichen Radiosender seien die Guerillas aufgefordert worden, im Interesse des tamilischen Volkes ihre Waffen zu übergeben. Das Angebot sei in Übereinstimmung mit der Regierung in Colombo unterbreitet worden, erklärte der Sprecher des Hochkommissariats. Im Rundfunk hieß es zudem, die indischen Truppen forderten die Bewohner der Stadt auf, sich in den militärischen Stützpunkten zu melden. So sollten Opfer unter der Zivilbevölkerung verringert werden. Die Guerillas hätten starke Verluste erlitten und verschanzten sich in Kinos und Hotels. Unter Berufung auf Rundfunkmeldungen der LTTE berichtete der Sender, unter den Rebellen werde über eine Kapitulation diskutiert. In lankanischen und tamilischen Kreisen in Colombo hieß es demgegenüber, indische Soldaten und Guerillakämpfer hätten sich am Mittwoch noch schwere Gefechte geliefert. Die indischen Soldaten kämen nur langsam durch die verminten Straßen voran und durchsuchten praktisch jedes Haus nach Guerillas. Sie hofften den untergetauchten Chef der LTTE, Velupillai Prabakaran, aufzuspüren, hieß es in lankanischen Kreisen. Vielen Untergrundkämpfern gelinge es offenbar, durch den indischen Belagerungsring hindurchzuschlüpfen und sich in den Norden der Jaffna–Halbinsel abzusetzen. Wer irgend könne, habe die Stadt bereits verlassen. Über die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung hat das indische Verteidigungsministerium bisher keine Angaben gemacht. Es seien jedoch 100 Soldaten und 500 Kämpfer der LTTE ums Leben gekommen. Aus Jaffna verlautete halboffiziell, daß mindestens 700 Bewohner getötet und 300 verletzt worden seien. Es herrsche Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Indien räumte inzwischen ein, daß die Versorgung der Bevölkerung schwierig geworden sei. Insgesamt befinden sich etwa 20.000 indische Soldaten im Rahmen des Friedensabkommens vom 29.Juli in Sri Lanka. Sie sollen die tamilische Guerilla entwaffnen und den seit vier Jahren anhaltenden Konflikt zwischen Tamilen und Singhalesen beenden. Die Tamilen kämpfen für einen eigenen Staat im Norden Sri Lankas.
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