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„In der Firma nichts zu lachen“

■ Mobbing-Opfer berichten (2): Terrorisiert und auf Eis gelegt

„Ich habe meinen Vorgesetzten ertappt, wie er eine Schwarzarbeiterin eingestellt hat – und seitdem habe ich in der Firma nichts mehr zu lachen.“ Die Firma hat sie mittlerweile krank gemacht: Erika F., Mobbingopfer, konnte monatelang nicht aus dem Haus gehen, so hatten ihr Vorgesetzte und Kollegen zugesetzt.

Die Intrigen gegen Erika F. (Name von der Red. geändert), die bereits seit Jahren in ihrem Betrieb arbeitet, begannen, als sie einen neuen Chef bekam – „da knallte es von Anfang an.“ Als die Sache mit der Schwarzarbeiterin durch Erika F. ans Licht kam, drohte ihr Vorgesetzter: „Ich solle vorsichtig sein, da hätte ich mich nicht einzumischen, brüllte er mich völlig cholerisch an, und: Mit Ihnen gehe ich bis aufs Messer!“, erzählt die Personalsachbearbeiterin.

Wenig später wurde das erste Gerücht über Erika F. in die Welt gesetzt – sie sollte behauptet haben, eine Putzfrau, die alle gern mochten, habe in Papieren und Computerdateien geschnüffelt. „Von da an waren alle gegen mich: Ich hätte eine Kollegin geschaßt, hieß es.“

Immer wieder bekam der Chef Wutanfälle ihr gegenüber, brüllte sie wegen Kleinigkeiten an: „Sie haben keine Ahnung und kein Niveau!“ Erika F., die auch ausbildete, durfte dies plötzlich nicht mehr – „und den Azubis hat mein Chef verboten, mit mir zu reden.“ Dies wurde garniert mit der Drohung, sie seien ja noch in der Probezeit... „Ich habe mich darauf eingelassen und den Azubis gesagt, daß das okay ist.“ Erika F. wurde auf Eis gelegt: Sie bekam das dreckigste und schlechteste Büro und keinerlei adäquate Arbeiten mehr zugeteilt. Und dann dachten sich ihre KollegInnen einen besonders schlechten Scherz aus: Zweimal wurde ihr ein Telefongespräch durchgestellt, wo ein völlig aufgebrachter Kunde sie aufs Übelste beschimpfte, sie anbrüllte, ihr schlampige Arbeit vorwarf und gar mit dem Anwalt drohte... „Ich wußte überhaupt nicht, was los ist, und war völlig verunsichert. Da läuft einem ja der kalte Schweiß runter“, so Erika F. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen ganz speziellen Telekom-Service: Als Extraspaß für die lieben MitarbeiterInnen zerrüttet hier ein über eine 0190-Nummer anwählbarer Sprachcomputer die Nervenkostüme der lieben KollegInnen.

Jeden Tag, so Erika F., werde sich etwas Neues gegen sie ausgedacht. „Anmerken lasse ich mir das ja nicht – ich sitze da immer mit strahlendem Gesicht – aber abends fahre ich ganz schön fertig nach Hause.“ Nach Monaten des Mobbings bekam sie Atemnot und Schwindelanfälle – „ich konnte nicht mal mehr aus dem Haus gehen“. Sie ließ sich von ihrem Arzt krankschreiben – aus zwei Wochen wurde drei Monate, die sie nicht zur Arbeit gehen konnte. Gesundheitlich steht es mit Erika F. noch immer nicht zum besten, jetzt hat sie gar einen Termin mit einem Psychologen abgemacht – und der Terror geht weiter. Aber sie ist fest entschlossen: „Ich gehe mit dem Mann aufs Ganze. Er oder ich.“ skai

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