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In Würde scheitern

■ Tim Burtons gelungene Hommage an Kollege Ed Wood

Manche Geschichten dämmern in Insider-Zirkeln oder auf der Gerüchteebene dahin, bis sie urplötzlich, durch irgendeinen Anlaß wie wachgeküßt, wieder in aller Munde sind. Zu dieser Kategorie von Geschichten gehört sicher die des Edward D. Wood Jr., von dem heute auf allen Kinoseiten stehen wird, er sei der schlechteste Filmregisseur aller Zeiten gewesen. Plan 9. Der Hang zu Angorapullovern. Nur vier Drehtage pro Film. Bela Lugosi. Man kann ja die Stichworte, um die sich die Geschichte rankt, kaum noch hören, bevor der Film, der alles auslöste, überhaupt gestartet ist: Ed Wood, nie berühmt, dann vergessen, dann entdeckt als Camp-Held, feiert fröhliche Wiederauferstehung als kultureller Sommerhit.

Einiges daran wird sich, wie mancher inszenierte Hype zuvor, in Luft auflösen. Tim Burtons Film Ed Wood selbst aber, eben dem Auslöser der Wiederauferstehungsinszenierung, kann man kaum anderes als Komplimente machen.

Der Film setzt nicht auf schnelle Lacher und haarsträubende C-Movie-Effekte. Zwar kommen sie naturgemäß vor, die an Schnüren gehaltenen Radkappen, die bei Ed Wood als fliegende Untertassen herhielten, und all die anderen filmischen Kleinode, die jemanden zu der glücklichen Fügung der „not so special effects“ inspirierten. Aber letztlich interessiert sich Burton glücklicherweise für anderes. Für die Rekonstruktion der 50er Jahre in Amerika etwa, in denen für nichtkonforme Lebensentwürfe sehr schnell nur die Rollen von Freaks bereitgehalten wurden. Und Burton interessiert sich für die Figuren hinter den berühmt-schlechten Filmen, nicht zuletzt für die des Bela Lugosi, für dessen Verkörperung der Schauspieler Martin Landau mehr als den einen Oscar verdient hätte, den er tatsächlich dafür erhalten hat.

Der Film setzt mit Ed Woods Produktion von Glenn Or Glenda 1953 ein und endet mit Plan 9 From Outer Space 1959. Burton rekonstruiert diese Zeit mit der ihm eigenen liebevollen Detailbesessenheit, vom Interieur des Restaurants, in dem Ed Wood erfolglos versuchte, Geldgeber zu ködern, bis zur Bigotterie der christlichen Sekte, die Plan 9 letztlich finanzierte. Darüber hinaus fand auch Burtons Interesse an dem sogenannten Abweichenden, das er etwa ebenso mit Edward mit den Scherenhänden wie auch mit Batman bewies, in Ed Woods Biografie genügend Material. Wobei, ausgehend von Woods Transvestitismus, das Abweichende wohltuend unprätentiös in Szene gesetzt ist. Das gilt bis in die Nebenrollen der Vampira und des Wrestlers Tor Johnson hinein.

Ach ja, Johnny Depp spielt Ed Wood. Und ist doch nicht der eigentliche Star des Films. Der Star ist Martin Landau. Ed Wood wollte Bela Lugosi zu einem Comeback verhelfen und gab ihn doch nur der Lächerlichkeit preis. Landau dagegen verleiht der gealterten, längst drogensüchtigen Horrorfilmlegende Grandezza, Würde und Glaubwürdigkeit.

Man könnte, den Film insgesamt bilanzierend, behaupten, genauso gebe auch Tim Burton dem Regisseur Ed Wood jene Würde zurück, die jeder künstlerische Aufbruch beanspruchen darf – auch wenn er scheitert und selbst dann, wenn er so kläglich scheitert, wie Ed Woods Aufbruch gescheitert ist. Zwar beschönigt Burton keineswegs, daß die Filme, die dieser Regisseur den katastrophalen Produktionsbedingungen und wohl auch seinem doch mangelnden Talent abrang, in ihrer Kläglichkeit auch heutige Zuschauer noch wirklich fassungslos zurücklassen können. Wahrscheinlich hätte Ed Wood doch etwas anderes machen sollen, als ausgerechnet Filme zu drehen, dieser Eindruck bleibt auch nach der Betrachtung von Burtons Hommage. Aber Wood wollte eben nichts anderes machen, und dieser Kunstwille, von Tim Burton an keiner Stelle verraten, funkelt durch manche Szenen hindurch.

So ließe sich argumentieren. Allerdings wäre so ein Artikelschluß allzu beschwert und möglicherweise auch viel zu pathetisch für dieses vor allem stets leicht bleibende, kleine, verspielte Meisterwerk, das Tim Burton gedreht hat. Aber etwas hat der Film, das dazu verleitet.

Dirk Knipphals

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