Stimmung in China: Deutsche Firmen haben Angst

Die Stimmung westlicher Geschäftsführer in China sinkt. Laut einer Umfrage der Handelskammer stellen sie ihre Investitionen in Frage.

Anstecker in Form einer Deutschland-und einer Chinafahne

Es ist nicht absehbar, dass deutsche Unternehmen einen Abzug aus China in Erwägung ziehen Foto: Sascha Steinach/imago

PEKING taz | Die Stimmung in deutschen Unternehmen in China sinkt: Mehr als die Hälfte der Firmen erwartet dieses Jahr eine „unveränderte oder schlechtere“ Branchenentwicklung. Diese Kernbotschaft geht aus einer alljährlichen Umfrage der deutschen Handelskammer in Peking hervor. „Die Stimmung ist nicht so optimistisch wie erhofft. Und sowohl die langsame wirtschaftliche Entwicklung als auch die geopolitischen Spannungen haben die Hoffnung auf eine Verbesserung des Geschäftsumfelds relativiert“, sagt Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Kammer.

Im Vergleich zum Vorjahr, als die Volksrepublik noch tief in den Lockdown-Kaskaden ihrer „Null Covid“-Strategie gefangen war, hat sich die Erwartungshaltung der deutschen Firmen in China sogar verschlechtert, etwa bei der Investitionswilligkeit: 2020 und 2021 gaben rund 70 Prozent aller deutschen Firmen in China an, in den nächsten zwei Jahren mehr investieren zu wollen. Von 2022 bis heute ist der Wert auf etwa 50 Prozent zurückgegangen.

Die Gründe dafür haben vor allem mit den niedrigen Erwartungen an den Markt zu tun (57,8 Prozent), gefolgt von den geopolitischen Spannungen (42,2 Prozent). Spannend ist zudem, dass bereits an dritter Stelle die zunehmend auf Autarkie propagierende Wirtschaftspolitik rangiert (28,4 Prozent). Kurzum: Die nationalistische Rhetorik Xi Jinpings hinterlässt auch in den deutschen Vorstandsetagen einen fahlen Beigeschmack.

Allerdings ist auch nicht absehbar, dass deutsche Unternehmen tatsächlich einen Abzug aus China in Erwägung ziehen: Für die meisten Branchen gibt es schließlich keine gleichwertige Alternative. „China ist für die deutschen Unternehmen der wichtigste Handelspartner. Und es ist ein Handelspartner, bei dem wir vor allem das Wort Partner unterstreichen“, sagt auch Peter Adrian, Präsident der deutschen Industrie- und Handelskammer (IHK).

Entfremdete Partner

Doch die zwei Partner haben sich in den letzten Jahren zunehmend entfremdet. Rund 45 Prozent aller deutschen Unternehmen in China wünschen sich laut der AHK-Umfrage von der Regierung in Peking mehr Rechtssicherheit und Transparenz. Denn wann immer sich die geopolitischen Beziehungen zwischen den Ländern verschlechtern, bekommen dies die jeweiligen Unternehmen stets als erstes zu spüren – meist in Form von informellen Boykottaufrufen oder regulatorischer Diskriminierung. Unter vielen deutschsprachigen Wirtschaftsvertretern hat sich derweil ein tief verankerter, vorauseilender Gehorsam eingebürgert.

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