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In Karlsruhe kommt Atommüll ins Glas

Öko-Institut und Bundesforschungsministerium einig: 70.000 Liter hochradioaktiver Atommüll aus der stillgelegten WAA Karlsruhe sollen vor Ort eingeschmolzen werden  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Eine ganz große Koalition der Vernunft will Atommüll ins eigene Glas. Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) hat am Wochenende angekündigt, daß in Karlsruhe eine 400 Millionen Mark teure Anlage zur Verglasung von flüssigem Atommüll gebaut werden soll. Bündnisgrüne und das Öko-Institut applaudieren. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium will die Pläne prüfen.

Karlsruhe war der Standort der einzigen deutschen Wiederaufarbeitungsanlage (WAK). In der 1990 stillgelegten Modellanlage hatte sich über die Jahre 70.000 Liter hochradioaktiver flüssiger Atommüll angesammelt, der jetzt entsorgt werden muß. Der Müll lagert in zwei Stahltanks, die von fünf Meter dicken Betonwänden eingeschlossen sind. Er muß ständig gerührt und gekühlt werden, um die Ansammlung einer kritischen Masse am Boden der Tanks und eine mögliche Atomexplosion zu verhindern.

„Abzuwarten bringt überhaupt nichts“, begrüßte Michael Sailer vom Darmstädter Öko-Institut gestern den Vorschlag der Bundesregierung. „Der Müll liegt als salpetersaure Lösung vor. Das halten die beiden Stahltanks auf die Dauer nicht aus, die rosten einfach durch.“ Die Stahltanks enthielten ein radioaktives Inventar, daß mindestens der Radioaktivität eines abgeschalteten Atomkraftwerks entspreche.

Die Alternative zu der in Deutschland bislang nicht erprobten Verglasung wäre ein Transport des flüssigen Atommülls zur belgischen Verglasungsanlage in Mol gewesen. „Doch die Unfallgefahr beim Transport nach Belgien wäre wesentlich größer.“ Darin ist sich Sailer mit den Beamten des Bundesforschungsministeriums einig. Auch die Forscher in Karlsruhe wollen gern vor Ort verglasen. Einmal, weil die vierjährige Planungsphase, der dreijährige Bau und der anschließende Betrieb der Anlage Arbeitsplätze sichert. Zum zweiten, weil die Karlsruher Wissenschaftler für sich in Anspruch nehmen, das Konzept der Verglasung einst erfunden zu haben. Die Verglasungsanlage im belgischen Mol sei nach Karlsruher Konzepten und mit deutschen Geld gebaut worden, heißt es in Karlsruhe.

Bei der Verglasung soll der Atommüll zunächst getrocknet und dann in einem Spezialofen bei 1.100 Grad Celsius in Glas eingeschmolzen werden. Die so entstehenden rund 130 Glaswürfel müßten anschließend in Stahlbehältern gesichert und nach etwa 30 Jahren schließlich endgelagert werden. Die Kosten für die Entsorgung des Karlsruher Atommülls soll der sogenannte WAK-Fonds tragen. In dem Fonds haben die AKW-betreibenden Stromkonzerne einen Festbetrag von einer Milliarde Mark eingezahlt, außerdem ist der Bund mit 774 Millionen und das Land Baden-Württemberg mit 69 Millionen Mark beteiligt.

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