Import von grünem Wasserstoff: „Australien ist energiereich“
2030 könnte Deutschland ein Drittel seines grünen Wasserstoffs selbst herstellen, so Ministerin Stark-Watzinger. Der Rest soll importiert werden.
Australien liegt ungefähr 15.000 Kilometer von Deutschland entfernt. Und doch soll saubere Energie von dort künftig die klimaneutrale Produktion in Deutschland ermöglichen. Es geht um die Lieferung großer Mengen sogenannten grünen Wasserstoffs, der in Australien mittels Ökostrom gewonnen werden soll. Zusammen mit Siemens-Manager Bruch verkündeten Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Australiens Energieminister Chris Bowen am Freitag die ersten praktischen Schritte der Kooperation.
Vier industrielle Entwicklungsprojekte wollen die beiden Regierungen mit zusammen 46 Millionen Euro fördern. Ein Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung von Elektrolyseuren. Das sind Apparate, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen. Wird dafür Ökostrom beispielsweise aus Solaranlagen verwendet, spricht man von „grünem“ Wasserstoff ohne klimaschädliche Kohlendioxidemissionen.
Für die noch nicht existierende Produktionskette werden unter anderem Solar- und Wasserentsalzungsanlagen, Elektrolyseure, Fabriken für die Verflüssigung des Wasserstoffs und Häfen gebraucht. „Spätestens 2030“ solle die erste Lieferung aus Australien in Deutschland ankommen, sagte Stark-Watzinger. Vermutlich handelt es sich dabei um Ammoniak, eine Verbindung von Wasserstoff und Stickstoff, die sich leichter transportieren lässt als reiner Wasserstoff.
Staat soll Wasserstoff konkurrenzfähig machen
Die Transportkosten auf der langen Strecke nach Europa spielten dabei kaum eine Rolle, erklärte Energieminister Bowen. Laut Forschungsministerium beträgt der Anteil der Schiffspassage an den Gesamtkosten „5 bis 11 Prozent“. Der klimafreundliche Energieträger könnte zum Beispiel über ein neues Terminal in Wilhelmshaven importiert und bei der Salzgitter AG zur Stahlproduktion eingesetzt werden.
Zahlreiche beteiligte Unternehmen wollen im Rahmen der Projekte neue Materialien testen, den Energieeinsatz und damit die Kosten senken. Heute ist die Herstellung grünen Wasserstoffs noch zu teuer und nicht konkurrenzfähig. Das zu ändern soll die staatliche Anschubfinanzierung ermöglichen.
FDP setzt auf Methanol
Ein weiterer Fokus liegt auf der Herstellung sogenannten grünen Methanols in Australien und seines Exports nach Deutschland. In dieser chemischen Reaktion verbindet sich Wasserstoff mit Kohlendioxid. Das flüssige Methanol kann etwa als Treibstoff in Verbrennungsmotoren dienen. Ein Vorteil: Es ist leicht zu transportieren. Außerdem knüpft sich daran die Hoffnung unter anderem der FDP, dass Dutzende Millionen deutscher Autos mit Verbrennungsmotoren auf klimafreundliche Art weiterfahren können. Nachteil: Ein großer Teil der ursprünglich eingesetzten Solarenergie geht in den diversen Umwandlungsstufen verloren.
Nach Angaben Stark-Watzingers könnte Deutschland 2030 etwa ein Drittel des dann benötigten grünen Wasserstoffs selbst herstellen. Die übrigen zwei Drittel müssten importiert werden, unter anderem aus Australien. Das Land ist heute noch einer der großen Lieferanten von Kohle. Weitere ähnliche Wasserstoff-Kooperationen schiebt die Bundesregierung mit Kanada, Norwegen, Chile und Namibia an. Energieminister Bowen sieht große Chancen in der Zusammenarbeit: „Australien ist energiereich, Deutschland energiehungrig“, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung