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Immer mehr leben von Stütze

■ Statistisches Bundesamt veröffentlicht neueste Zahlen: 2,73 Millionen erhielten 1996 Sozialhilfe, fünf Prozent mehr als 1995. Bundesgesundheitsministerium spricht von sinkenden Kosten

Wiesbaden/Bonn (AFP/dpa/ taz) – Noch nie waren in der Bundesrepublik so viele Menschen auf Sozialhilfe angewiesen wie jetzt. Zum Jahresende 1996 haben in Deutschland 2,73 Millionen Menschen in 1,41 Millionen Haushalten Sozialhilfe bezogen. Das sind 5,1 Prozent mehr als 1995. Dies entsprach einem Bevölkerungsanteil von 3,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gestern mitteilte. Zum Vergleich: Noch 1991 erhielten lediglich 2,13 Millionen Menschen „laufende Hilfe zum Lebensunterhalt“.

Nach der Statistik gab es Ende 1996 insgesamt 2,09 Millionen Sozialhilfeempfänger mit deutschem Paß, was einem Zuwachs von 1,3 Prozent entspricht. Die Zahl der ausländischen Bezieher von Sozialhilfe stieg vergleichsweise höher um 19,7 Prozent auf 644.000 an. Damit lag der Anteil der Menschen ohne deutschen Paß, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, Ende vorigen Jahres bei 23,6 Prozent. In den Zahlen der Sozialhilfeempfänger sind auch die Bürgerkriegsflüchtlinge eingerechnet.

Berücksichtigt man jedoch, daß Asylbewerber und geduldete Ausländer seit November 1993 Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz erhalten und damit aus der Sozialhilfestatistik herausfallen, fällt der Zuwachs an Menschen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, seit Beginn der neunziger Jahre noch deutlicher aus. Anfang 1997 registrierten die Statistiker 483.000 Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz, was einem leichten Anstieg von 0,7 Prozent entspricht.

Von den Sozialhilfeempfängern lebten Ende 1996 insgesamt 2,42 Millionen im früheren Bundesgebiet und 314.000 in den neuen Ländern und Ostberlin. Damit stiegen die Zahlen in Ostdeutschland und Berlin-Ost deutlich stärker (plus 9,9 Prozent) als im früheren Bundesgebiet (plus 4,5 Prozent). In den neuen Ländern und Ostberlin bezogen 2,0 Prozent der Bevölkerung Sozialhilfe, im ehemaligen Bundesgebiet waren es nach diesen Angaben 3,6 Prozent.

Trotzdem verwies das Bundesgesundheitsministerium darauf, daß 1996 erstmals seit Einführung des Bundessozialhilfegesetzes 1962 die Summe der Sozialhilfeausgaben insgesamt zurückgegangen sei. Das liege an der Entlastung der Sozialhilfe durch die stationären Leistungen der Pflegeversicherung seit Juli 1996 sowie an den Auswirkungen der Sozialhilfereform. Dadurch seien die Kosten um gut zwei auf 50 Milliarden Mark gesunken. Dieser Trend sei anhaltend, so Gesundheitsminister Horst Seehofer. Der CSU-Politiker wies besonders darauf hin, daß die Zahl der deutschen Empfänger von Sozialhilfe „praktisch gleich“ geblieben sei.

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