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■ KommentarImmer Liberaler?

Angriff ist nicht immer die beste Verteidigung. Vor allem, wenn man nach allen Seiten schlägt wie Innensenator Hartmuth Wrocklage. Die Polizeiführung hat ihn nie geliebt, denn wer Veränderungen will, und sei es nur im lächerlichen Gänsemarsch, wird als natürlicher Feind des Polizisten betrachtet. Für kritikunfähige Schutzmänner ist nämlich klar: Schuld an allem ist die Politik, die die Polizei nicht schützt.

Daß Wrocklage den Ex-Polizeichef Heinz Krappen vor rund einem Jahr abschoß, weil er Vorwürfe verschwieg, die schließlich den Polizeiskandal auslösten, nimmt man Wrocklage persönlich übel. Der Hamburger Polizeiführung einen neuen Polizeipräsidenten von außerhalb vor die Nase zu setzen, steigerte auch nicht gerade seine Beliebtheit. Innerbehördliche Konflikte auszuplaudern ist deshalb kein Zufall, sondern zeigt, daß der Apparat den Senator zum Abschuß freigegeben hat.

So sehr Wrocklage auch versucht, den Hardliner zu markieren, seine Führungsspitze nimmt es ihm nicht ab. Einmal Liberaler, immer Liberaler. Bei den Linken und Kritischen hat er mit seinen Durchgreif-Parolen auch längst die Sympathien verloren. Wrocklage ist weder Fisch noch Fleisch, weder ein richtiger Law-and-order-Fanatiker noch einer, der wild zu Veränderung entschlossen ist.

Statt es allen recht machen zu wollen, sollte Wrocklage, auf den Polizeikritiker bei Amtsantritt große Hoffnungen gesetzt hatten, zu seinen ursprünglichen Positionen zurückkehren. Mit einem Innensentor, der sich unmißverständlich für grundlegende Reformen einsetzt, wäre der Polizei sowieso besser gedient.

Silke Mertins

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