: Im letzten Hemd diszipliniert in die Zukunft
■ Haushaltsentwurf 2000: Städtisches Vermögen versilbern, Personal einsparen
Ortwin Runde kann fast alles zerreden. Ein Loch allerdings nicht. Um so betrüblicher für den Ersten Bürgermeister, daß nämliches im Etat der Freien und Pleitestadt Hamburg klafft. Eine dreiviertel Stunde lang monologisierte der SPD-Senatschef gestern über „Ausgabendisziplin“ und „Solidarität im Sparen“, über „Haushaltskonsolidierung“ und „Zukunftsfähigkeit des Standorts“. Was er nicht sagen mochte: Die Stadt muß ihr vorletztes Hemd verkaufen.
Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2000, den er und Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) nach dreitägigen Beratungen im Senat vorstellten, sieht den Verkauf städtischen Vermögens in Höhe von 422,8 Millionen Mark vor, um das Defizit im Betriebshaushalt auf „nur noch“ 500 Millionen Mark zu drücken. Ein Teil der Einnahmen soll durch den Verkauf weiterer Anteile an den Hamburgischen Electricitätswerken fließen; welches öffentliche Eigentum darüber hinaus verkauft werden soll, wollten Runde und Nümann-Seidewinkel noch nicht verraten.
Das eine halbe Milliarde Mark große Loch klafft im 18,1 Milliarden Mark umfassenden Etat, obwohl erstmals zum rigorosesten aller Mittel gegriffen wurde. Eine faktische Senkung der Ausgaben um 0,9 Prozent gegenüber diesem Jahr, darunter eine Verminderung der Personalausgaben um 75 Millionen Mark: Rund 1000 städtische Stellen werden gestrichen.
Dabei sind die Konsequenzen der Sparbemühungen von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) für die Bundesländer noch gar nicht berücksichtigt, räumte Nümann-Seidewinkel ein, da diese „noch nicht zu quantifizieren sind“. Mithin droht weiteres Ungemach.
In den nächsten Tagen werden die Ressorts ihre Einzelhaushalte vorstellen. Den Anfang macht morgen Kultursenatorin Christina Weiss. Sven-Michael Veit
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