: Im Zeichen des Regenbogens
■ Cafés, Partys, Frühstück – Immer noch gilt die FU als Eldorado für Schwule und Lesben
Mit Edding und Filzstift sind die Kontaktanzeigen in Blau und Schwarz an die Wände der Toilette geschmiert. Nichts für Feinsinnige. Ein „Maso-M sucht harte Ficker“, ein anderer verspricht „geile Sack- Schwanz-Behandlung“. Darunter stehen Telefonnummern oder Uhrzeiten für ein Treffen. Die „Klappe“ (öffentliche Toilette) im Kellergeschoß der FU-Mensa ist unter schwulen Studenten ein Geheimtip. Als Highlight wird der extravagante Treffpunkt Jungstudenten bei einer schwulen Uni- Führung gezeigt.
Thomas studiert seit 1995 an der FU Medizin. Vor zwei Jahren hat er die Führung mitgemacht. „Ich hab' die Klappe gleich einem Freund aus Stuttgart gezeigt, der begeistert war“, schwärmt Thomas. Sein Stadtführer „Berlin von hinten“ nennt noch zwei andere Uni-Klappen: eine in der TU- Mensa, die andere am Ernst-Reuter-Platz („populär, Studenten, von mittags bis abends“). Rund dreißig Prozent der schwulen Studenten stehen auf den schnellen Sex, schätzt Thomas. Für sie seien die Klappen „das Schlaraffenland“, alle anderen fänden sie dagegen „total ekelig“.
Immer noch gilt die FU als eine Art Eldoroado für Homosexuelle. Die „Regenbogenfraktion“, ein zehnköpfiges Referat im Asta, kümmert sich um schwule Belange: Die Studenten organisieren Parties, machen Lesben- und Schwulenpolitik oder betreuen die Erstsemester, schön getrennt nach Männlein und Weiblein. Geschlechtsübergreifend ist nur das „lesbisch-schwule Frühstück“ am Semesterbeginn. Für Lesben gibt es eine Orientierungswoche – für Schwule einen „Erstsemesterplausch“ und eine Party.
Die zwei etablierten Homo-Cafés an der FU gibt es schon lange. Im zweiten Stock der Silberlaube ist der „Rosa Salon“. Mit den Machern haben sich die Regenbogen- Leute vom Asta überworfen. Georg „Gigi“ Klanda: „Die sind viel zu kommerziell. Außerdem sitzen da fast neunzig Prozent Heteros rum.“ Für das Rosa-Salon-Team ist dies nicht weiter schlimm. Dominik meint: Gerade die gemischte Klientel sei ein erster Schritt, auch von Schwulenseite Toleranz zu zeigen.
Viel strenger geht es da im Lesben-und-Frauencafé „Furiosa“, ein Stockwerk tiefer, zu. Nur Studentinnen dürfen rein.
An den anderen Berliner Universitäten gibt es keine homosexuellen Treffs. An der Technischen Universität ist überhaupt nichts los. Ein einköpfiges Asta-Referat soll nun für Schwule und Lesben eintreten. Ansonsten heißt es im TU-Asta lakonisch: „So Partygeschichten haben wir hier nicht.“
In einem düsteren Seitengang der Humboldt-Universität hängt eine Wandtafel mit Informationen für lesbische und schwule StudentInnen. Auf dem roten Zettel von „Mutvilla“ stehen die Aktionen der homosexuellen Gruppe: Einmal pro Woche gibt's ein Treffen im Uni-Café „Krähenfuß“, plus Erstsemesterfrühstück.
Orientierungslose JungstudentInnen, denen das Angebot an den Universitäten nicht reicht, müssen nicht gleich verzweifeln. Anne von der Humboldt-Universität glaubt sich auf die äußeren Signale verlassen zu können: „Lesben tragen oft als Talisman die Doppelaxt der Amazonen um den Hals – und die Schwulen haben am Pulli die rote Aids-Schleife, sonst gibt's noch den Ohrring rechts.“ In jedem Fall ist Eigeninitiative angesagt. Markus Frenzel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen