: Im Schatten der Dinkis
■ Bewohner der Falkenried-Terrassen demonstrieren gegen Luxus-Neubau
Abend für Abend geht im Winter hinter der Werkstatthalle D die Sonne unter. Die Bewohner der Falkenried-Terrassen kennen es nicht anders. „Wenn die Halle mit Luxuswohnungen aufgestockt wird, wird es bei uns im Erdgeschoss finster wie in der Bärenhöhle“, sagt Matthias Heintz von der Initiative gegen das „Bauvorhaben Falkenried. Um fünf vor 12 Uhr veranstalteten die Anwohner am Sonnabend eine Protestaktion, ließen mit Gas gefüllte Ballons auf 18 Meter Höhe steigen, so hoch, wie das Gebäude sein soll, das sie stört.
Die rund 400 Wohnungen der his-torischen Arbeitersiedlung Falkenried sind entlang von sechs Terrassen angelegt. Das Leben spiele sich überwiegend dort ab, berichtet Heintz: „Unsere Wohnungen sind nur 32 bis 35 Quadratmeter groß. Da sind wir darauf angewiesen, rauszugehen, um etwas Luft zu haben.“
Doch quer zu den Terrassen will eine Investorengruppe auf der anderen Straßenseite im nächsten Jahr rund 500 Wohnungen, Büros und Läden bauen. Die Falkenrieder, die sich als „letzte proletarische Enklave Eppendorfs“ betrachten, fürchten ein „Luxusghetto“ gegenüber.
Die Stadtentwicklungsbehörde beruhigt, es würden die „normalen Abstände“ gewahrt. Arne Olofsson von der Arbeitsgemeinschaft Falkenried, die das Projekt entwickelt, sagt, man habe sich bemüht, „behutsam“ mit dem Gelände umzugehen, viel Grün zu schaffen und Altsubstanz zu erhalten. Es sollen sogar 80 bis 100 Häuser für Familien mit kleinen Gärten entstehen. Um die Fläche dennoch gut auszunutzen, gebe es auch ein 15-stöckiges Hochhaus, das die Planer im Spaß „Dinki-Tower“ (double income, no kids) tauften. Olofsson: „Die Falkenried-Bewohner werden das Gebäude sehen, aber keinen Schatten davon haben.“ Auch von der Aufstockung der Halle D nicht.
Für Matthias Heintz kein Argument: Die Sonne stünde bekanntlich im Winter tiefer. Und dann werden die Schatten länger.
Kaija Kutter
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