: Im Norden kein Schulfrieden in Sicht
HAMBURG Die Vermittlungsgespräche zur schwarz-grünen Schulreform könnten heute scheitern
HAMBURG taz | Wenn heute früh die Volksinitiative „Wir wollen lernen“ und die schwarz-grüne Regierung in Hamburg zusammentreffen, stehen die Einigungschancen schlecht. Drei Verhandlungsrunden saß man schon zusammen. „Wir haben uns sehr weit bewegt, bis an den Rand des verfassungsmäßig Zulässigen“, sagte der Chef der Hamburger Grünen-Fraktion, Jens Kerstan, nach der letzten Verhandlung am vorigen Mittwoch. „Ich weiß nicht, was man noch anbieten kann“, ergänzte CDU-Fraktionschef Frank Schira: „Wir hoffen sehr, dass die Initiative sich noch bewegt“.
Doch die Gegner der sechsjährigen Primarschule, die im November 184.000 Unterschriften für ein Volksbegehren zusammenbekamen, bleiben hart. Sie wollen das sechsjährige gemeinsame Lernen „als Zwangseinführung“ nicht. Ihr Sprecher Walter Scheuerl nannte den Appell der Fraktionschefs „Theaterdonner“ und „Erpressung“. Derweil hört man von der Regierungsspitze, die Elterninitiative wolle sich gar nicht einigen.
Platzen heute die Verhandlungen, hat Hamburg in den Sommerferien eine Volksabstimmung. Weil die großen Streit bedeuten würde, drängen viele Kräfte auf einen „Schulfrieden“. Der als Moderator eingesetzte Unternehmer Michael Otto hatte Kompromissideen vorgelegt. Aber die sind jetzt abgearbeitet.
So bietet Schwarz-Grün ein Elternwahlrecht nach Klasse 6 in Form eines Probejahrs am Gymnasium und eine „Entschleunigung“ der Reform in drei Stufen bis 2012 an. Auch soll eine externe Kommission zuvor festgelegte „Qualitätskriterien“ überprüfen. Senkt dieses teils mit Experten der Initiative besetzte Gremium den Daumen, würde die jeweils nächste Stufe gestoppt.
Das reicht der Initiative nicht. Sie bietet an, bis zu 50 der 200 Hamburger Grundschulen als Modell sechsjährig laufen zu lassen. Erst wenn deren Lernerfolge überprüft sind, soll weiter entschieden werden. Das hieße, sieben Jahre zwei Systeme parallel zu führen. „Dann hätten wir mehrere Jahre Schulkampf ohne Ende“, warnt Kerstan.
So kann sich Schwarz-Grün auf das Chaos einlassen oder den Volksentscheid wagen. Damit die Chancen dafür gut stehen, will die Koalition das Elternwahlrecht und Qualitätsgarantie ins Gesetzbuch schreiben. Laut Umfragen wäre dann eine Mehrheit für die Reform. KAIJA KUTTER
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