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Im Jahr des Knotens

■ Bäcker backen, Abgeordnete wirken und Kulturleute spektakeln: 2001 hat Bremens Kulturleben einen Ostasien-Schwerpunkt. Ein Vereinsjubiläum liefert dazu den Anlass. Eine kurze Chronologie zweier Herrenclubs

Das Jahr 2001 soll als Jahr des Knotens in die Geschichte der Hansestadt eingehen. Die Bäckereien der Bremer Bäcker-Innung backen Knotenbrot, die Kaufleute-Organisation City-Initiative veranstaltet Events mit Brezeln, und Bürgerschaftsabgeordnete knüpfen einen gewaltigen Knoten, der am Parlamentsgebäude aufgehängt werden soll. Das Vorbild für all diese Back- und Wirkwaren ist eine Skulptur des Künstlers Shinkichi Tajiri. Sie symbolisiert ein Kulturprogramm namens „europAsien“, das ab der nächsten Woche vier Monate lang die BremerInnen und möglichst viele Auswärtige beschäftigen soll. Anlass für dieses Spektakel, mit dem die Bremen Marketing-Gesellschaft (BMG) an den Erfolg der Ausstellung „Der Blaue Reiter“ anknüpfen will, ist der runde Geburtstag eines relativ unbedeutenden, zumindest aber kaum bekannten Vereins: Der Ostasiatische Verein Bremen e.V. feiert in diesem Jahr den 100sten Jahrestag seiner Gründung.

Am 17. Januar 1901 trafen sich im historischen Essighaus zu Bremen zehn Kaufleute mit Ostasien-Erfahrung und gründeten den Ostasiatischen Verein Bremen. Die Herren Papendiek, Drechsler oder Hanfstengel wollten satzungsgemäß die Erinnerung an Aufenthalte im Fernen Osten bewahren. Ein Jahr zuvor hatte sich in Hamburg gleiches abgespielt. Am 13. März 1900 war dort der Ostasiatische Verein Hamburg-Bremen (OAV) gegründet worden. Während sich die Hamburger Vereinigung schnell zu einer knallharten Interessenvertretung der Ostasien-Kaufleute entwickelt hatte, trat die Bremer Gründung kaum in Erscheinung. Zwar kannte man sich, und es muss auch Doppelmitgliedschaften gegeben haben. Doch noch 1951 hieß es in einem Schreiben des Hamburger Vereins an den Bremer Senat, dass der „Bremer Verein sich ausschließlich mit der Pflege der gesellschaftlichen Beziehungen unter den Mitgliedern“ befasse. Wer das ins Wort „Altherrenclub“ übersetzt, muss sich nicht als Verleumder fühlen. Immerhin schleppt der Bremer Verein deshalb nicht so schwer an seiner Geschichte. Allerdings hat der OAV dies in einer Veröffentlichung zum 100sten Jahrestag seiner Gründung im letzten Jahr auch offenherzig dargestellt.

Als beide Vereine gegründet wurden, schlug eine Art internationale Eingreiftruppe gerade den Boxeraufstand in China nieder. Deutschland drängte zugleich mit einer aggressiven Rüstungs- und Handelspolitik auf die fernöstlichen Märkte. Damals, heißt es in einer immerhin schon 1960 veröffentlichten Schrift zum 60-jährigen Gründungstag des Hamburger Vereins, verletzten die Deutschen einen Grundsatz: Leben und leben lassen. Wie Udo Ratenhof in einem umfangreichen Buch über die deutsche Chinapolitik herausgearbeitet hat, formulierte der OAV Hamburg-Bremen während des Ersten Weltkriegs sogar Kriegsziele: Wenn China nicht wolle, müsse es eben nach Kriegsende zu einer kulturellen und wirtschaftlichen Anlehnung an das Deutsche Reich gezwungen werden.

Es kam alles anders. In manchen ostasiatischen Regionen wurden deutsche Kaufleute während und nach den beiden Weltkriegen zweimal oder öfter interniert und enteignet. Dennoch knüpften die Melchers, Schraders, Fritzes und Co. die Handelsbeziehungen immer wieder neu. Zu den Handelsgütern gehörten neben Tee und anderen harmlosen Waren auch Waffen, mit denen Mitglieder des Hamburger OAV Bürgerkriegsparteien in China in den 20er Jahren belieferten.

Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die beiden Ostasiatischen Vereine wieder zugelassen. Der Bremer Verein durfte ab 1948 wieder zum jährlichen Stiftungsfest einladen, das als Herrenabend wie das Schaffermahl zu den gesellschaftlichen Ereignissen in Bremen gehört. Das „Ostasiatische Liebesmahl“, zu dem der Hamburger Verein jährlich auch einen Vertreter des Bremer Senats eingeladen hatte, stieß dort wohl auf wenig Interesse. In den Unterlagen des Staatsarchivs finden sich gleich reihenweise Absagen aus den 30er bis 50er Jahren. Dabei ging es auch um's Geld. Nach jahrelangem Schriftwechsel erklärte sich der Bremer Senat Ende der 50er Jahre bereit, trotz des „angespannten Haushalts“ neben dem Bremer Verein auch den Hamburger mit 2.000 Mark zu unterstützen.

Heute zählt der Bremer Verein nach eigenen Angaben fast 500 Mitglieder. Neben dem Stiftungsfest macht er sich seit 1993 durch einen Wissenschaftspreis und Stipendien öffentlich bemerkbar. Doch es ist wohl weniger Verein selbst als das Thema Ostasien, das Bremen in diesem Jahr sein Haupt-Kulturspektakel beschert.

Christoph Köster

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