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Im Frühjahr: Ab nach Kroatien

Innenministerkonferenz beschließt: Kroatische Kriegsflüchtlinge werden abgeschoben / Weitere vier Monate Schonfrist für VietnamesInnen, die Vertragsarbeiter in der DDR waren  ■ Von Detlef Krell

Oybin (taz) – Bürgerkriegsflüchtlinge aus Kroatien werden ab Frühjahr 1994 abgeschoben. Die Innenminister des Bundes und der Länder bestätigten auf ihrer Konferenz in Oybin einen bereits im Oktober gefaßten Beschluß, den Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsgebiet letztmalig bis Frühjahr zu verlängern. In „Härtefällen“, zum Beispiel „engen familiären Bindungen an das Bundesgebiet“, soll nach dem Willen der Innenminister eine nicht näher beschriebene „Härteregelung“ greifen. „Hilfreich“ für das Abschiebeprogramm wäre „ein Programm zum Aufbau von dauerhaften Unterkünften für zurückkehrende Flüchtlinge.“

Das Auswärtige Amt wurde von Oybin aus aufgefordert, Nachhilfe zu geben: „Aktuelle Berichte“ sollen endlich klarstellen, in welchen Bürgerkriegsgebieten „mit Gefährdungen zu rechnen ist“. Irrtümern vorbeugend, sollten auf Vorschlag der Sicherheitsminister „vor Ort Stichproben durchgeführt werden“. Auf dem Flughafen Frankfurt/Main sollen 60 „Gewahrsamsplätze“ für abzuschiebende Flüchtlinge eingerichtet werden.

Auch für VietnamesInnen, die mit Werkvertrag in die DDR gekommen waren, könnte im Frühjahr die Abschiebung anstehen, wenn sie bis dahin keine Arbeit und keine feste Bleibe gefunden haben. Weil die Arbeitsämter bei der Umsetzung der Bleiberechtsregelung offenbar überfordert waren, rang sich die Innenministerkonferenz zu einer viermonatigen Verlängerung des bisher auf Jahresende befristeten Bleiberechts durch. Der brandenburgische Innenminister Alwin Ziel (SPD) kommentierte diesen Entschluß als „relativ großzügig“. Das „Aktionsbündnis für ein dauerhaftes Bleiberecht“ wird dies nicht so sehen. Auf einer Kundgebung am Konferenzort hatten etwa 70 ehemalige VertragsarbeitnehmerInnen die Gleichbehandlung mit den „Gastarbeitern“ der alten Bundesrepublik gefordert.

Die Innenminister monierten „eine zunehmende Kriminalisierung“ der VertragsarbeitnehmerInnen und meinten damit den „illegalen Zigarettenhandel“.

Das Thema „Lauschangriff“ wurde lediglich erörtert, ohne daß die Konferenz sich auf einen Beschluß einigen konnte.

Auch die Idee des sächsischen Innenministers Heinz Eggert (CDU), Wehrpflichtige zum Wehrersatzdienst bei der Polizei heranzuziehen, erfuhr bei dem Treffen in seiner weltabgeschiedenen Heimatstadt keinen Konsens. Eggert will das Thema bei der nächsten Gelegenheit „wieder auflegen“, kündigte er an.

Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) nahm zum wiederholten Mal die Mahnung mit nach Bonn, die vertraglichen Voraussetzungen für eine polizeiliche Zusammenarbeit mit Polen und der Tschechischen Republik auf den Weg zu bringen. Kanther: „Dazu gehören immer mindestens zwei. Wir sind mit allen potentiellen Partnern intensiv am Verhandeln.“

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