: Im Eiltempo zum Tempolimit
■ Schleswig-Holstein bereit für Ozon-Tempolimit am Wochenende / Hamburgs Umweltsenator sieht keinen Handlungsbedarf Von Marco Carini
Umweltsenator Fritz Vahrenholt unterbrach gestern extra seinen Urlaub im Fichtelgebirge und eilte nach Garmisch-Partenkirchen. Und daß, um sich einem Thema zu widmen, für das er bislang in Hamburg „keinen Handlungsbedarf“ erkannte. Zur Erörterung von „Maßnahmen gegen den Ozon-Smog“ hatte SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping die UmweltministerInnen der SPD-regierten Länder zusammengetrommelt. Das Ergebnis der Konferenz fiel eindeutig aus: Ein Ganzjahres-Tempolimit für das gesamte Bundesgebiet müsse her, da „kleinräumige Flickenteppichlösungen“ als Ozonkiller ungeeignet seien.
Die hohen Ozon-Werte der vergangenen Tage hatten im Norden der Republik bereits hektische Aktivitäten ausgelöst. Am Dienstag hatte die Kieler Landesregierung ein Tempolimit bei Ozonsmog für alle schleswig-holsteinischen Autobahnen angekündigt, das schon am kommenden Wochenende in Kraft treten könnte. Auch Niedersachsen und Bremen wollen noch in diesem Jahr eine gleichlautende Sommersmog-Verordnung verabschieden.
Bei hohen Ozon-Konzentrationen sollen dann auch Fahrverbote für den Karren ohne Kat verfügt werden können. „Nur Hamburg fehlt noch bei einem Anti-Ozon-Nordverbund“, kritisierte gestern der umweltpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Alexander Porschke. Und auch die Kieler Landesregierung hadert mit der vornehmen hanseatischen Zurückhaltung und forderte Hamburg auf, sich den von ihr geplanten Maßnahmen umgehend anzuschließen.
Fritz Vahrenholt, der bislang lokale Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen stets mit dem Hinweis abgelehnt hatte, nur ein bundesweites Tempolimit und eine Erhöhung der Benzinsteuer taugten im Kampf gegen das Ozon, steht damit immer isolierter da. Dabei kann der Senator darauf verweisen, daß die Wirkung eines Tempolimits auf Hamburgs Highways ohnehin recht begrenzt bliebe.
Nur 81 Autobahnkilometer befinden sich auf Hamburger Stadtgebiet. Für mehr als die Hälfte von ihnen gilt ohnehin eine generelle Tempobegrenzung von 80 oder 100 Stundenkilometern. Auch auf den wenigen Hamburger Bundesstraßen-Abschnitten gilt fast überall: nur 80 Kilometer erlaubt. Zu reduzieren bleibt da nicht viel. Vahrenholt glaubt deshalb: „Die von den Nachbarländern vorgesehenen Maßnahmen erübrigen sich für Hamburg.“
Ganz anders in Schleswig-Holstein, wo nur auf jedem dritten der insgesamt 400 Autobahn-Kilometer ein Tempolimit von 100 oder 120 km/h gilt. Im Blitztempo strebt die Kieler Landesregierung nun ein Tempolimit im ganzen Bundesland bei hohen Ozonwerten an. Umweltministeriums-Sprecher Wolfgang Götze bestätigte gestern, daß die landeseigene Sommersmog-Verordnung zur Zeit im Eilverfahren von den einzelnen Ministerien abgenickt werde. Götze: „Theoretisch kann schon zum Wochenende Ozonalarm ausgelöst werden“.
Die Grenzwerte für das Ozon-Tempolimit stehen zwar noch nicht fest, doch peilt Kiel einen Schwellenwert von 200 bis 220 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft an. Für Landstraßen soll dann eine Tempobegrenzung von 80 und für Autobahnen vermutlich von 90 Stunden-Kilometern gelten. Bußgelder für Ozon-Raser soll es allerdings nicht geben - allein die Einsicht zählt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen