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■ KommentarIgnorant

Mit dem gestrigen Vorstoß hat der Hamburger Rechnungshof allenfalls auf eigene Unzulänglichkeiten aufmerksam gemacht. Zeigt sich doch lehrbuchhaft, wie unsinnig die isolierte Betrachtung von Zahlen ist. Auch wenn nur 18 oder 16 Kinder in einer Kita-Gruppe sind, kann sie noch viel zu groß sein.

Vielleicht ist ja ein junger Vater unter den Finanzprüfern. Wenn er in der U-Bahn sieht, wie eine Erzieherin eine Kindergruppe im Befehlston kommandiert, weil sie anders mit der Meute nicht fertig wird, zuckt er vielleicht zusammen und er denkt: Hoffentlich bleibt meine Frau fünf Jahre zuhause, ist doch besser fürs Kind.

Liest man den Rechnungshofbericht, könnte man denken, die BetreuerInnen sitzen Däumchen drehend herum und warten mit offenen Armen auf weitere Kinder. Die Realität vor Ort sieht anders aus. Regelmäßig gehen Eltern auf die Barrikaden, weil Gruppen oder ganze Einrichtungen wegen Personalmangels für Tage oder Wochen geschlossen werden. Der Krankenstand in diesem Beruf ist überdurchschnittlich hoch, weil schon die gültige Personalplanung davon ausgeht, daß sich die ErzieherInnen gegenseitig vertreten. Die Folge sind Gruppen von 20 und mehr Kindern, die nur von einer Person betreut werden. Großes Ach und Weh, wenn dann, wie kürzlich geschehen, ein kleines Mädchen verletzt wird, weil die Aufsicht fehlte.

Der Rechnungshof ist nicht mal objektiv. Sonst hätte er nicht ignoriert, daß im Schnitt 78 Prozent der Kinder von 75 Prozent Personal betreut werden. Die Frage, wie es planerisch möglich wäre, diesen Mißstand zu beheben, wäre doch mal eine relevante Aufgabe. Kaija Kutter

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