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Ifor schaut hilflos zu

■ Brände in Grbavica, Ruhe in Ilidža. Karadžić kritisiert Dayton-Vertrag

Sarajevo (AP) – Zwei Tage vor der Übergabe des Stadtteils Grbavica an die Muslimisch-Kroatische Föderation sind gestern etliche Häuser in dem von Serben bewohnten Bezirk Sarajevos in Flammen aufgegangen. Ifor-Soldaten sahen hilflos zu, und Feuerwehrleute aus Sarajevo weigerten sich, die Brände zu löschen, nachdem Kollegen von ihnen mit Handgranaten angegriffen worden waren. Verzweifelte BewohnerInnen baten die Ifor-Soldaten um Schutz vor brandschatzenden Banden.

Der Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, kritisierte am Samstag die internationale Gemeinschaft, weil sie im Friedensvertrag von Dayton Sarajevo den Muslimen überlassen habe. Er schlug vor, Bosnien nach ethnischen Gesichtspunkten zu teilen. „Die Vorstellung eines einzigen Staates für drei verfeindete Völker wird nur zu neuem Krieg führen“, sagte Karadžić. Als letzter der fünf bislang serbisch kontrollierten Bezirke Sarajevos soll Grbavica morgen der Muslimisch-Kroatischen Föderation unterstellt werden.

In dem von zahlreichen serbischen EinwohnerInnen verlassenen Stadtteil Ilidža registrierten die Vereinten Nationen am Samstag deutlich weniger Ausschreitungen gegen die verbliebenen BewohnerInnen als in den Tagen zuvor. UN-Sprecher Alexander Ivanko sagte, die Berichte über Einschüchterungen und Plünderungen seien „deutlich zurückgegangen“. Am Freitag abend hatte er der Regierung in Sarajevo vorgeworfen, die Ausschreitungen gegen die SerbInnen in Ilidža zu dulden.

Ein spanischer Ifor-Sprecher teilte unterdessen mit, daß ein Konvoi von acht Bussen mit muslimischen Flüchtlingen gestern die Fahrt nach Capljina und Stolac fortgesetzt hat, wo die Flüchtlinge ihre Häuser und die Gräber ihrer Familien besuchen wollen. Die rund 170 Menschen waren am Samstag von der kroatischen Polizei aufgehalten worden.

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