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Archiv-Artikel

„Ich möchte mich beschweren“

betr.: „Kein Vergleich“ (Die These, der Antisemitismus sei durch einen neuen Antiislamismus abgelöst worden, ist nicht belegbar) von Eberhard Seidel und Michael Kiefer, taz vom 20. 1. 04

Ich möchte mich beschweren über den o. g. Kommentar. Um zu belegen, wie der antijüdische Diskurs beziehungsweise die islamische Beschwichtigung funktioniert, zitieren Seidel/Kiefer als einzigen Beleg aus einem Interview, das die taz mit mir geführt hat (26. 11. 2003). Dabei lassen sie aber bewusst die nachfolgenden Sätze weg, die ihr Argument widerlegen würden. Ich sage ausdrücklich, dass die Äußerungen Mahathirs ein Besorgnis erregendes Zeichen eines neuen islamischen Antijudaismus seien. Seidel/Kiefer offenbaren mithin nur, wie ihr eigener alarmistischer, pauschalisierender und verleumderischer Diskurs funktioniert, nicht nur in diesem Kommentar. Ich arbeite seit Jahren in akademischen Projekten, die der Verständigung von Muslimen und Juden dienen. In meinen öffentlichen Äußerungen beziehe ich klar Stellung zu dem wachsenden Antijudaismus in der islamischen Welt.

Dabei versuche ich so gewissenhaft zu sein, dass ich eine nicht abgesprochene Kürzung des Interviews durch den Redakteur, die eventuell hätte als Überhöhung israelischer Gewalt gelesen werden können, noch am Morgen des Erscheinens beanstandet habe. Die Redaktion hat den Satz dankenswerterweise gleich am nächsten Tag korrigiert. Just das inkriminierte Interview trägt, als Zitat von mir kenntlich gemacht, die Überschrift: „Der islamische Antijudaismus ist neu – und gefährlich“.

Ausgerechnet mich – noch dazu wegen eines Interviews, in dem ich vor dem islamischen Antijudaismus warne – in eine antisemitische oder den Antisemitismus verharmlosende Ecke zu stellen, ist nicht nur absurd – es ist eine Verleumdung. […]

NAVID KERMANI, Köln