: „Ich mag Loser“
■ Radio Bremens Talentschmiedin Birgitt Reckmeyer versucht, den Rudi Carell-Erfolg mit „Dieter & Hendrike“ und Hund Jupp fortzusetzen
Birgitt Reckmeyer ist bei Radio Bremen für das Amüsement zuständig. Seit Jahren macht sie aus KleinkünstlerInnen große Stars, die dann meist zu den Privaten wechseln. Mit „Dieter & Hendrike“ vom Frankfurter Fronttheater startete Radio Bremen am Dienstag einen neuen Versuch. Die taz schaute hinter die Comedy-Kulisse.
taz: Frau Reckmeyer, geht man die Liste Ihrer Entdeckungen durch, liest sich das wie das who is who der Unterhaltungsbranche: Rudi Carrell, Margarete Schreinemakers, Hape Kerkeling - und nun Dieter und Hendrike. Was hat Ihnen an den beiden so gut gefallen?
Birgitt Reckmeyer:Ich find die komisch, die haben eine ganz eigene Art. Der Dieter ist ein Angeber. Der erzählt immer, was er alles kann, hat immer eine große Schnauze. Und Hendrike steht daneben und erzählt schreckliche Dinge über ihn. Er wehrt sich dagegen, versucht zu erklären, aber letztendlich bricht er immer zusammen. Das gefällt mir, ich mag Loser.
Sendungen, wie „Am laufenden Band“ oder „Extratour“ gibt es in Bremen nicht mehr.
Nein, das große 90 Minuten-Format haben wir freiwillig aufgegeben. Zum einen ist es sehr teuer, zum zweiten schwierig und drittens ist es strittig, ob man am Samstag abend überhaupt noch so lange Sendungen zeigen soll. Dazu kommt, daß wir innerhalb der ARD gar nicht soviel Sendezeit haben, wir müßten mit einem anderen Sender kooperieren, um zwölfmal 90 Minuten produzieren zu können.
Hat es Sie nie gereizt bei einem Privatsender mit großem Etat, das zu machen, was sie wollen?
Doch. Aber ich liebe diesen Sender einfach. Hier habe ich mein Team, die Kameramänner, meinen Bühnenbildner, meine Assistentin - wir arbeiten ja wie eine kleine Produktionsfirma. Außerdem bin ich es gewohnt, mit wenig Geld auszukommen, das beflügelt die Phantasie. Trotzdem hat es mich gereizt, bei den Privaten zu arbeiten. Ich hätte mit Margarete Schreinemakers zu RTL gehen können, aber sie wollte weg von der Comedy. Sie haben mal gesagt, Sie hätten einen simplen Geschmack. Worüber Sie lachen, das gefällt auch den Leuten. Geht Ihr Geschmack mit der Zeit oder ist der deutsche Fernsehhumor resistent gegen Veränderung?
Klar ändert der sich. Es gibt immer mehr Spartenpublikum. Jetzt schielt man auf die 6-14 und die 14-24jährigen. Und ein 24jähriger lacht über etwas, worüber ein älterer Mensch schon nicht mehr lacht. Es gibt aber auch ein gemeinsames Lachen. Wichtig finde ich zum Beispiel, daß Unterhaltung und Frechheiten mit Charme vorgetragen werden, denn ich lache doch viel lieber, wenn mir die Vortragenden sympathisch sind. Wenn aber jemand die Menschen nur anpöbelt und niedermacht, das finde ich widerlich. Lacht man denn heute noch über die gleiche Art von Witzen, wie vor zwanzig Jahren oder hat sich der Humor verändert?
Sie können heute sicher nicht mehr diese sexistischen Sprüche machen. Nur habe ich über die schon vor zwanzig Jahren nicht lachen können. Aber heute kann man das einfach nicht mehr senden.
Darf man im Fernsehen eigentlich noch richtig frech sein?
Viel frecher als Sie glauben. Aber man muß genau gucken, ob das wirklich die Stärke ist. Dieter und Hendrike liegt das gar nicht so, die sind am besten, wenn sie sich gegenseitig die Bälle zuwerfen. Menschen anzupöbeln, das widerstrebt ihnen und wenn ihnen was unangenehm ist, dann wird es auch nicht komisch.
Planen Sie schon für die Zeit nach „Dieter & Hendrike“?
Ja, natürlich. Ich muß schon im November vorstellen, was ich im übernächsten Jahr machen will.
Was haben sie da im Visier?
Ich würde gern mal was ohne Publikum und ohne Studio machen. Zum Beispiel zwei Leute auf einer Reise begleiten, und dem einen passieren nur die guten Sachen und der andere steht immer doof da.
Welche Sendungen ärgern Sie?
Das sage ich besser nicht. Eigentlich ärgern mich keine Sendungen, denn die, die ich nicht mag, die gucke ich mir auch nicht an.
Fragen: Gudrun Kaatz
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