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Ich hoffe auf mein Glück

Wie soll ich ein Zugticket nach Holland bezahlen! Ich möchte so gerne nach Amsterdam. Wenn ich könnte, würde ich hinfliegen, das ist klar. Aber auf der Straße ist es auch ganz lustig. Man trifft viele Leute – aus allen Ländern. Die Sprache macht aber echte Probleme: Ich spreche kein Deutsch. Kein Wort. Na ja, ich kann „egal“ sagen oder „Autobahn“ – solche Wörter eben. Deutsche Autofahrer sind alle recht ähnlich: Viele von ihnen rauchen Haschisch, während sie fahren. Das macht Spaß! In Polen ist das nicht so. Ob ich später mal aufhöre mit dem Trampen, weiß ich noch nicht. Falls ich mal richtig Geld verdiene, trampe ich vielleicht trotzdem weiter. Aber wenn dann keiner anhält, nehme ich einfach den Bus oder den Zug! Wenn heute keiner hält, kann ich mir das nicht leisten. Dann schlafe ich gleich hier, hinter der Bushaltestelle. Ich plane meine Trips überhaupt nicht: Ich gehe einfach aus dem Haus, ohne Karte, und frage die Leute nach dem Weg. Und hoffe auf mein Glück.

In Polen zeigen Presse und Fernsehen immer nur die schlechten Seiten vom Trampen. Irgendwelche Überfälle, wo der Tramper den Fahrer tötet und sein Auto stiehlt. Männer werden da nicht so leicht mitgenommen. Einmal, vor vier Jahren, wollte ein Fahrer Geld von mir. Das war in Polen – schon eine dumme Sache. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm nichts zahlen werde. Da wollte er mich schlagen, aber zum Glück bin ich dafür zu groß.Ich sagte ihm einfach, er soll sich verpissen und das hat er dann auch getan! Ich wollte ihm noch erklären: Wenn ich Geld hätte, müsste ich ja nicht trampen gehen. Und wenn ich nun trampen gehe, habe ich also kein Geld – das müsste doch zu verstehen sein!

Ich trampe eigentlich nur im Urlaub, um andere Länder zu sehen. In Polen nehme ich auch den Bus oder den Zug, weil die öffentlichen Verkehrsmittel dort weniger kosten. Viel weniger! Ich wohne etwa 250 Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt, mitten in Polen. Und für diese Strecke habe ich umgerechnet neun Mark gezahlt. Die gleiche Entfernung hier würde vielleicht sechzig Mark kosten. Ich war schon fast in ganz Europa, auch im Süden. Bis Spanien dauerte es nur drei oder vier Tage. Und dann wartete Barcelona auf mich.

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