: „Ich habe das für richtig gehalten“
■ Hellmut Bock war 1946 Mitglied der Neuköllner SPD und für die Vereinigung
Hellmut Bock hat an der SED nie gezweifelt: „Ich hatte stets Vertrauen in die Leitung der Partei.“ Auch noch, als frühere SPD-Genossen in den vierziger und fünfziger Jahren inhaftiert oder aus Leitungsfunktionen hinausgedrängt wurden? „In meinem unmittelbaren Kreis ist das nicht vorgekommen“, sagt der 89jährige, der 1925 in die SPD eintrat. Ist es das Festhalten an einer einmal getroffenen Lebensentscheidung oder schlicht Verdrängung? „Alles, was jetzt gesagt und geschrieben wird, ist mir damals nicht aufgestoßen.“ Und daß die Urabstimmung nur in den West-, aber nicht in den Ostbezirken stattfinden durfte, „darüber habe ich mir damals keine Gedanken gemacht“.
Bock teilte das Schicksal von Kurt Schumacher, des ersten Vorsitzenden der West-SPD. Beide waren im KZ, aber sie zogen aus ihren Erfahrungen entgegengesetzte Schlüsse. Während Schumacher, auch durch dem Umgang mit Kommunisten während der Haftzeit, nach seiner Freilassung um so vehementer an der Eigenständigkeit der SPD festhielt, ging Hellmut Bock in die Einheitspartei. „Wir hatten uns im Lager geschworen, uns nie wieder spalten zu lassen“, begründet er sein Engagement für den „Zusammenschluß“, wie er die Gründung der SED nennt. Schon unter den Nazis habe er als Widerstandskämpfer „für eine antifaschistische Front“ gearbeitet. Im September 1934 wurde der Drucker mit anderen Mitgliedern der sozialdemokratischen Widerstandsgruppe „Parole“ in Neukölln verhaftet, im Frühjahr darauf zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.
Als im September 1939 deutsche Truppen Polen überfielen, eröffnete ihm die Gestapo, man betrachte ihn weiterhin als Gegner des Dritten Reiches – und lieferte ihn ins KZ Sachsenhausen ein. Dort befreiten ihn russische Truppen am 22. April 1945, nachdem die SS das Lager zuvor verlassen hatte. Bei seiner Rückkehr nach Berlin wurde Bock Leiter des Hauptausschusses der Opfer des Faschismus. Am 1. Juli erhielt er die Mitgliedskarte der Neuköllner SPD, das Dokument besitzt er noch heute. Am 17. März 1946 gehörte er zu jener Minderheit von 89 Sozialdemokraten in der Neuköllner SPD, die auf einer Delegiertenkonferenz für die Verschmelzung mit der KPD votierten. 146 Delegierte waren allerdings dagegen. Es sei hoch hergegangen in der Versammlung: „Es hätte nicht viel gefehlt, und wir wären mit Fäusten aufeinander losgegangen.“ Ende März wechselte er in den Bezirk Mitte, nahm am letzten Parteitag der Ost-SPD teil. Dieser „40. Reichsparteitag“ beschloß „einstimmig“ den Zusammenschluß mit der KPD, der einen Tag später, am 21. April 1946, im Admiralspalast vollzogen wurde.
Bock hat alle Wendungen mit getragen. Als 1948 die SED in eine marxistisch-leninistische Kaderorganisation umgeformt wurde, war er dafür: „Ich hatte bis dahin Lenin gelesen, ich hielt das für den richtigen Schritt.“
1948 wurde er „Instrukteur“ beim Bezirksvorstand des FDGB, mußte die „Weisungen von oben unten erklären“. Als er 1973 in Rente ging, hatte er zuletzt die Bibliothek bei der FDGB-Zeitung Tribüne betreut. Der Untergang der DDR hat Bock, der PDS-Mitglied in Hellersdorf ist, „selbstverständlich geschmerzt“. 40 Jahre DDR-Geschichte, sagt er, „kann ich nicht in Bausch und Bogen verurteilen“. Wie er das sagt, klingt es trotzig, aber auch ein wenig hilflos. Severin Weiland
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