neue filme: Ich geh’ nach Hause
Portugal/Frankreich 2001, Regie: Manoel de Oliveira; mit Michel Piccoli, John Malkovich, Cathérine Deneuve u. a.; 86 Min.
Ein heiterer Film über Tod und Vergänglichkeit, Abschiede und Abschiedsvorstellungen: In „Ich geh’ nach Hause“ spielt der bekannte Schauspieler Michel Piccoli den bekannten Schauspieler Gilbert Valence, der wiederum bekannte Theaterfiguren spielt. So wird die Schauspielkunst in „Ich geh’ nach Hause“ eine Art Spiegelfläche für die allgemeine Gaukelei des Lebens. „Alles wird sich auflösen wie die Schatten eines Spiels und nicht die geringste Spur hinterlassen“, sagt Piccoli als Prospero. Dass das Leben weitergeht, auch wenn sich unsere eigene kleine persönliche Vorstellung dem Ende zuneigt, ist eine so banale wie bittere Erkenntnis. Oliveira fasst sie in zwei Enstellungen: der Pariser Straßenverkehr mit seinem Gehupe und Gedränge und dann eine unglaublich melancholische Großaufnahme von Piccoli, der hinter der Fensterscheibe eines Cafés grüblerisch auf das Getümmel blickt. Durch diese Offenheit seiner Filmsprache lässt Oliveira den Dingen, von denen er erzählt, eine ungeheure Freiheit. Manchmal führt sie fast in die Abstraktion: Wenn Valence vor einer Vitrine stehen bleibt und ein Gemälde betrachtet, gibt es in seinem Gesicht eine winzige Veränderung, vielleicht ausgelöst von einem wehmütigen Gedanken. Beim Weitergehen ist diese Erinnerung nur noch eine leise Klaviermelodie, die sich mit ihm in den Straßen zu verlieren scheint. Die einen gehen, die anderen kommen, und das Rad bleibt in Bewegung. Oliveira, mit 93 Jahren der älteste lebende Regisseur der Welt, denkt aber noch lange nicht ans Aufhören. Nach „Ich geh’ nach Hause“ hat er bereits einen weiteren Film fertig gestellt und dreht schon wieder den nächsten.
Filmbühne am Steinplatz, fsk am Oranienplatz, Hackesche Höfe
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