: IPW am Ende
■ Regierung schließt das renommierte Institut
Berlin (taz) - Wenn das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) in der nächsten Woche erstmalig einen Weltwirtschaftsreport präsentiert, wird das möglicherweise der letzte öffentliche Auftritt dieser in der DDR einzigen umfassenden Imperialismus- und Friedensforschungsstätte sein. Das Kabinett de Maziere hat am Mittwoch einen Beschluß der Modrow-Regierung vom Februar dieses Jahres aufgehoben, nach dem ein Fortbestehen der von der Regierung finanzierten Einrichtung als „unabhängiges Forschungs-, Beratungs- und Informationsinstitut“ zur Untersuchung „grundlegender Prozesse der Weltwirtschaft und der internationalen Beziehungen“ gesichert schien. Die drei Direktoren wurden abberufen und die Einstellung der Tätigkeit des Instituts zum 31.Dezember verfügt.
Vor dem Oktober 1989 hatte die beim Ministerrat angekoppelte Forschungsstätte eine gewisse exklusive Stellung. An den IPW-Analysen zur Weltwirtschaft und Friedensforschung hatten auch westdeutsche Partner partizipiert. Walter Völkel vom Institut für sozialwissenschaftliche Forschung in West-Berlin meint, daß im IPW „Neues Denken“ in der internationalen Politik für die DDR vorgedacht wurde, doch blieben diese wissenschaftstheoretischen Ansätze politisch isoliert. Das Erbe des Instituts sei in dieser Hinsicht interessant für eine erneute Aufarbeitung. Chancen für das Institut, so der Wissenschaftler, hätten nur bei einer „eigenen DDR -Kontinuität“ bestanden. In jüngster Zeit hatte das IPW mit Studien zu den „2+4„-Verhandlungen und zum Strukturwandel in der DDR-Landwirtschaft auf sich aufmerksam gemacht. Die Demontage des IPW war von jetzigen Regierung ursprünglich nicht geplant. Zunächst war die Neugründung als Institut für Europäische Ideen vorgesehen. Doch zunehmend wurde dem IPW „SED-Hörigkeit“ unterstellt.
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