INTERVIEW: Zu viele gefährliche Güter durchqueren das Mittelmeer
■ Gespräch mit Italiens Greenpeace-Vorsitzendem Squitieri
taz: Wie sind die Bergungsarbeiten bisher gelaufen?
Gianni Squitieri: Die Beteiligten tun ihr Bestes. Das Problem ist, daß Italien, wie überhaupt die Mittelmeerländer, nicht besonders gut auf solche Notstände vorbereitet ist. Es mangelt and Strukturen, Organisation und an Instrumenten. Auch sind manche Entscheidungen spät gefallen. Aber immerhin ist keine Panik ausgebrochen, wie sonst manchmal bei solchen Operationen in Italien. Nach unseren Protesten wurden bislang zum Beispiel keine Lösungsmittel benutzt, weil die hier mehr Schaden anrichten, als helfen.
Klappt die internationale Zusammenarbeit?
Die Behörden sind gleich mit Gesellschaften in der ganzen Welt, besonders in Großbritannien und den Niederlanden, in Kontakt getreten. Aber unser Eindruck ist, daß sie Zeit mit bürokratischen Problemen verloren haben, die Unterschriften unter die Verträge wurden verzögert.
Ist Material aus dem Ausland gekommen?
Am ersten Tag herrschte riesige Konfusion, weil es fast gleichzeitig zwei Katastrophen gegeben hat. Livorno, wo 138 Menschen bei dem anderen Schiffsunglück ums Leben kamen, ist nicht weit von Genua, und natürlich war die gesamte Aufmerksamkeit zunächst dort konzentriert. Aber inzwischen kommt das Material aus dem Ausland hier an.
Natürlich gibt es nie genug Plastikbarrieren. Aber es gibt ja auch noch die Möglichkeit, das Öl abzusaugen. Im Moment sind rund um den Ölteppich Pumpen eingesetzt. Wir müssen abwarten, ob der Schiffsrumpf jetzt hält oder ob weiter Öl ausläuft.
Gibt es Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung?
Der Wind treibt den Rauch glücklicherweise in Richtung offenes Meer. Aber wenn der Wind sich dreht, könnten besonders die Jungen und Alten Atemprobleme bekommen. Erst heute haben die Behörden angefangen, über Maßnahmen nachzudenken. Vorher ist niemand über Risiken informiert worden.
Welche Lehren müssen aus dieser Katastrophe gezogen werden?
Seit mehreren Jahren machen wir hier schon eine Kampagne gegen den Transport von gefährlichen Gütern durch das Mittelmeer. Sowohl der Passagier- als auch der Handelsverkehr nehmen stark zu und es gibt keine Trennung dazwischen. In Livorno zum Beispiel war ein Supertanker dort vor Anker, wo auch ein Fährboot fuhr.
Ein anderes Problem in Italien ist, daß bei 60 Prozent allen Seeverkehrs Öl und Chemie transportiert werden. In der Ligurischen See liegt diese Rate ganz besonders hoch, nämlich bei 86 Prozent. Das ist ganz eindeutig zu viel für eine relativ geschlossene Seeregion. Interview: Dorothea Hahn
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