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I N T E R V I E W „Keinen Zwang“

■ Die CDU–Bundestagsabgeordnete Dr. Renate Hellwig erläutert die Beratungsrichtlinien zum § 218

taz: Wie stehen Sie zu den neuen Beratungsrichtlinien zum § 218? Dr. Renate Hellwig: Sehr positiv, ich sehe darin eine Verbesserung der Beratungsqualität. Wir müssen durch Ermutigung erreichen, daß weniger Kinder abgetrieben werden. Wenn von vorneherein klar ist, daß den Frauen geraten werden soll, ein Kind zu bekommen, wird dann Beratung nicht zur Farce? Grundsätzlich sollte man die Tatsache, daß eine Frau ein Kind erwartet, nicht als Nachteil ansehen. In der Ermutigung sehe ich keine Verschlechterung der Beratung. Wie sollen die Beratungsgespräche überprüft werde? Ein Vorwurf lautet, Denunziation sei die Folge. Grundsätzlich ist bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Beratung auch jetzt im Gesetz vorgesehen, daß Hilfen, Möglichkeiten gezeigt werden, um eine Entscheidung zugunsten des Kindes herbeizuführen. Wie wollen Sie Kontrolle über die „inhaltliche Ausgestaltung der Beratung“ bekommen? Ich war selbst fünf Jahre lang als Staatssekretärin in Sozialministerium für diesen Bereich zuständig und habe,alle Vierteljahre die Beraterinnen aller Beratungsstellen eingeladen. Dabei habe ich festgestellt, daß es wichtig war, diesen Erfahrungsaustausch zu verbessern. Aber ich will wissen, wie die Bundesregierung überprüfen kann, ob die Beratungsstellen den Frauen Mut machen, ein Kind zu bekommen, oder sich da bedeckt halten. Das ist sowieso nicht eine Zuständigkeit der Bundesregierung. Das machen sowieso die Landesregierungen. Ich hatte Ihnen ja ein Beispiel genannt, wie ich das gemacht habe, in der Zeit, als ich dafür zuständig war. Ich würde, wenn ich diese Position noch hätte, diese globale Zielsetzung, die jetzt von Bonn kommt, eben in ersten Linie dazu nutzen, einen solchen Erfahrungsaustausch zu intensivieren und Beratungsstellen zu ermutigen. Ich halte auch nichts davon, das etwa mit Zwang oder Druck durchzusetzen, sondern mit gesellschaftspolitischem Engagement der Beteiligten. Das größte Defizit, das ich dabei schon oft festgestellt habe, war, daß die Beraterinnen viel zu oft von der Gesellschaft alleine gelassen werden bei den Konfliktsituationen, die sie mit diesen Frauen durchsprechen. Vor der Wahl ist ausdrücklich gesagt worden, daß die Reform des § 218 nicht angetastet wird. Jetzt wird sie doch angetastet. Nein. Vor der Wahl ist gesagt worden, daß eine Gesetzesänderung nicht stattfinden wird. Das, was jetzt an Verbesserung und Intensivierung geschieht, ist eigentlich eine Erfüllung des Gesetzes. Für mich ist die Verbesserung der Hilfen zugunsten der Mütter das Entscheidende. Ich halte eine Gesellschaft, in der Frauen eine Konfliktsituation zwischen ihrer persönlichen Lebensgestaltung und dem Großziehen eines Kindes haben, für eine Gesellschaft, die viel zu wenig kinderfreundlich organisiert ist. Das Gespräch führte Maria Neff– Uthoff

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