: Hungerstreik in Hamburg
Sprachengewirr - „babylonisches“, würde die Bibel sagen - herrscht in der kleinen Hamburger Paulus–Kirchengemeinde. Die versammelten Gläubigen haben sich seit mehr als zwei Wochen einer Gruppe Hungerstreikender angenommen, die einen Denkanstoß für alle Deutschen und Ausländer liefern wollen. Kurden, Türken, Iraner, Senegalesen und Deutsche führen ihn durch. Christina Kukielka, Spitzen–Kandidatin der GAL, hat Anfang dieser Woche sämtliche Wahlkampf–Aktivitäten eingestellt und sich dem Hungerstreik angeschlossen. Willy Brandt hat auf einer SPD–Veranstaltung in der Hamburger „Fabrik“ Partei für die Aktion ergriffen. Vorsichtig wird jetzt schon Bilanz gezogen. Jeden Tag kamen zwei bis drei Schulklassen, die sich ausführlich über die Situation der Flüchtlinge und Ausländer informierten. Das wird als größter Erfolg gesehen. Der Hamburger Bischof Peter Krusche hat seine Gemeinden aufgefordert, alles bis hin zur Unterbringung zu tun, um den Flüchtlingen zu helfen. Die Liste der Solidaritätsbekundungen ist lang. Grüne–Abgeordnete und -Landesverbände aus der ganzen BRD sind darauf ebenso zu finden wie sozialdemokratische Gliederungen, kirchliche Instanzen, Gruppen, Einzelne, Initiativen. Willy Brandt sorgte dafür, daß die Hungerstreikenden einen Beitrag auf einer SPD–Wahlkampfveranstaltung halten konnten und ging auch in seiner Rede auf die Situation dieser Menschen in der BRD ein. Dazu hatte er einigen Widerstand bei den Hamburger Genossen zu überwinden, die zu diesem Thema lieber schweigen wollten und ihren Innensenator Pawelczyk Abschiebezahlen feiern lassen, die selbst in Bayern ihresgleichen suchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen