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MIT MACHTMISSBRAUCH AUF DU UND DUHunger im Sudan

■ Die Regierung will trotzdem Getreide exportieren

Khartum (afp/taz) — Die Regierung des Sudan will Getreide nach Ägypten exportieren, obwohl das Land nach den Beobachtungen internationaler Hilfsorganisationen vor einer Hungersnot steht. Die Regierung in Khartum spricht von einer Rekordernte in diesem Jahr, die nicht nur die ausreichende Versorgung der eigenen Bevölkerung garantiere, sondern sogar noch für den Export ausreiche.

„Im vergangenen Jahr gab es bei uns eine Nahrungsmittelknappheit, aber in diesem Jahr haben wir einen Überschuß von 1,5 bis zwei Millionen Tonnen Getreide produziert“, verkündete Ali el Hadsch, Wirtschaftsberater von Staatschef Omar el Beschir. „Wir haben deshalb sogar den Ägyptern angeboten, Weizen zu liefern.“

Westliche diplomatische Beobachter bestätigen zwar die von der Regierung verkündete „phänomenale Ernte“. Durch die staatlichen Investitionen in die Landwirtschaft begünstigt, habe vor allem die Weizenproduktion einen „fantastischen Sprung“ gemacht: Von den mageren 150.000 Tonnen des Jahres 1991 auf 700.000 Tonnen in diesem Jahr. Die Sorghum-Ernte sei auf drei Millionen Tonnen gestiegen.

Dennoch wird es nach Ansicht der Diplomaten zu Engpässen in der Nahrungsmittelversorgung kommen. Denn die Weizenernte reicht nicht aus. 1,2 Millionen Tonnen wären für die gesamte Bevölkerung notwendig — es fehlen also eine halbe Million Tonnen des Getreides. Hinzu kommt, daß die Ernte keineswegs in allen Regionen des Landes üppig war. Im Süden, wo Bürgerkrieg herrscht, war eine regelmäßige Bestellung der Felder kaum möglich.

Hunderttausende von Menschen sind dort in abgelegene Gegenden vertrieben worden, wo sie praktisch von jeder Nahrungsmittelhilfe abgeschnitten sind. In anderen Regionen, vor allem im östlichen Darfur, haben Trockenperioden die Ernte zerstört.

Der Mangel an Straßen in dem ausgedehnten Land, fehlende Lkw- Ersatzteile und Lagerräume sind zusätzliche Hindernisse, die eine Verteilung der Lebensmittel erschweren.

Trotz der Beteuerungen der Regierung ist der Hunger im Sudan also Realität. In diplomatischen Kreisen wird davon ausgegangen, daß derzeit rund fünf Millionen Menschen — fast ein Fünftel der Gesamtbevölkerung — in unterschiedlichem Maße auf Lebensmittelhilfen angewiesen sind.

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