: Holocaust-Denkmal neben's Brandenburger Tor?
■ Kontroverse zweitägige Anhörung zur Zukunft des Prinz-Albrecht-Geländes, der einstigen Gestapo-Zentrale / Expertenschelte für Kultursenatorin Martiny / „Perspektive Berlin“: Holocaust-Denkmal muß zum Brandenburger Tor
Berlin. Ein Holocaust-Denkmal direkt neben dem immer mehr zum pathetisch-bedenklichen „Nationaldenkmal“ verkommenden Brandenburger Tor - dieser Vorschlag des Vereins „Perspektive Berlin“ war bei einer zweitägigen Anhörung im Martin-Gropius-Bau am Freitag und Samstag der wohl interessanteste Aspekt der Diskussion. Thema des Expertenmeetings war allerdings die künftige Gestaltung des Prinz-Albrecht-Geländes, jener Fläche an der Mauer, auf der einst die Zentralen von Gestapo und SS standen.
Die „Perspektive Berlin“, die sich für ein Holocaust -Denkmal einsetzt, schlägt nach Öffnung der Mauer einen neuen Standort dafür vor: Südlich des Brandenburger Tores, am Rande des Geländes der einstigen Reichskanzlei, „wo bisher der Todesstreifen zwischen den beiden Mauern die Stadthälften Berlins trennte“. Dieses Gelände, die ehemaligen Ministergärten des Regierungsviertels, sei in der Geschichte nie bebaut worden, was auch künftig nicht geschehen sollte.
Was das Prinz-Albrecht-Gelände anbelangt, so müssen dort nach Ansicht der Experten zu allererst Maßnahmen zur Sicherung getroffen werden. Das bisher weitgehend brachliegende Gelände wird nur von einem leichten Zaun geschützt und ist bereits jetzt durch Witterungseinflüsse, wild wuchernde Vegetation und mutwillige Zerstörungen beeinträchtigt. Auch der Mauerstreifen entlang dem Gelände, der erhalten werden soll, ist schon von den Spuren der Mauerspechte gezeichnet.
Der Abschlußbericht ist von den Beteiligten im wesentlichen befürwortet und nur in Einzelaspekten kritisiert worden. Eine Stiftung mit internationaler Beteiligung als Trägerorganisation wurde dem Vorschlag einer GmbH vorgezogen. Die Teilnehmer des Hearings meinten, die Initiative für diese Angelegenheit von nationaler und internationaler Bedeutung müsse von Berlin ausgehen und könne erst später in die Verantwortung des Bundes gegeben werden. Berlin müsse deutlich machen, daß sich auch ein vereintes Deutschland seiner nationalsozialistischen Vergangenheit stelle. Darum solle das Gelände in seiner jetzigen Form erhalten bleiben und sich somit sichtbar von der übrigen Bebauung abheben.
Am Freitag hatten Vertreter zahlreicher Organisationen dazu Stellung genommen. Ein Vertreter der Jüdischen Gemeinde in Berlin erinnerte daran, daß die internationale Öffentlichkeit nach nach dem Fall der Mauer Berlin wieder eine größere Aufmerksamkeit als Metropole, die einstmals auch eine der größten jüdischen Metropolen gewesen sei, widmen werde. Er sprach sich gegen einen „Monumentalbau“ auf dem Prinz-Albrecht-Gelände aus und forderte „sparsame Ausstellungen“.
Der Architekt und Städteplaner Hardt-Walter Hämer meinte, im Ausland werde genau beobachtet, „wie die bald ganze deutsche Republik mit dem dunkelsten Kapitel ihrer Vergangenheit umgeht“. Dabei komme Berlin eine besondere Rolle zu. Nach seinen Worten soll Kohl eine Förderung des Projektes Prinz-Albrecht-Gelände mit der Berliner Zustimmung zum Deutschen Historischen Museum verbunden haben.
Kultursenatorin Martiny bestritt, daß bei ihren Gesprächen in Bonn ein direkter Zusammenhang mit dem in Berlin geplanten Deutschen Historischen Museum in Bonn erörtert worden sei. „Aber aus meiner Sicht sagen wir auch, daß, wer ein Deutsches Historisches Museum will, nicht übersehen kann, daß es in Berlin auch die Wannsee-Villa und das Gestapo-Gelände gibt. Das zusammen ist eine nationale Aufgabe und keine reine Berliner Angelegenheit.“
Die ehemaligen Mitglieder der vom früheren CDU/FDP-Senat berufenen Fachkommission protestierten in einer Erklärung gegen „die Art und Weise“, wie der von ihr erarbeitete Bericht zur Gestaltung des Prinz-Albrecht-Geländes vom Berliner Senat behandelt wurde. Der Bericht sei bereits Ende März der Senatorin übergeben und von ihr erst sechs Wochen später dem Senat vorgelegt worden. Es würden zudem keine festen Termine angegeben und außerdem die Regierungen der beiden Staaten in Deutschland eingeschaltet, was eine Verschiebung der Pläne auf die lange Bank bedeute.
dpa/tom
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen