: Hohn, Spott und Geifer
■ betr.: „Querspalte: Ratzinger will Jesus werden“, taz vom 12.11. 96
Nach der Lektüre von Wiglaf Drostes Beitrag hatte ich spontan mehr Lust, mich mit Herrn Ratzinger über die Begründung seiner Gesprächshitparade auseinanderzusetzen als mit ersterem über die Inspiration zu seinen Reimen. Eigentlich kann ich ihm nur raten, sich mit jemandem über sein Innenleben zu unterhalten, bevor er seinen Haß als ironisch-kritische Meinungsäußerung getarnt in die Öffentlichkeit erbricht. Am besten sollte er dazu einen Beichtstuhl aufsuchen. [...] Sandra Reershemius, Hamburg
Was will uns Drostes Wiglaf denn mit seinem herzallerliebsten „Poem“ sagen oder demonstrieren? Daß er so schrecklich cool ist und folglich für sich einfordern darf, nicht nur im Kanon des obszönsten Antiklerikalismus mitsingen, sondern sogar als dessen Obermeßdiener reüssieren zu dürfen. Oder möchte er ein weiteres Zeichen seiner Dichtkunst und der mit ihr aufs intimste gepaarten intellektuellen Durchdringung setzen? [...]
Satire darf alles, solange sie ihre genrespezifische Eigenart nicht vermissen läßt. Droste verspritzt aber unter dem Deckmantel derselben nichts als Hohn, Spott und Geifer. Ratzinger selbst hat viel zu hoch gegriffen: Nicht die Gottesfurcht ist es, die fehlt, sondern ganz allgemein Respekt vor und Toleranz gegenüber Andersdenkenden, auch wenn mensch meinen zu dürfen glaubt, es finde bei denen überhaupt kein Denken statt (die andere Seite denkt darüber meist genauso)! Mir jedenfalls ist wirkliche Gottesfurcht allemal lieber als respektlose Hetze, denn so wie diese eine vornehmliche Attitüde der Naziherrschaft war, war und ist jene eine ihrer Profilaxen. Clemens Scharf
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