: Hohlraum im Schwarzwaldgranit sorgt für Energiesicherheit
Im badischen Forbach baut der Energiekonzern EnBW in einer Kaverne ein neues Pumpspeicherkraftwerk. Das kann Wasser pumpen und Strom erzeugen.
Von Bernward Janzing, Forbach
Der Energiekonzern EnBW hat in den vergangenen 18 Monaten im Schwarzwaldgranit bei Forbach im Landkreis Rastatt eine Kaverne geschaffen, in der künftig die Maschinen eines neuen Pumpspeicherkraftwerks stehen werden. Der Hohlraum befindet sich 300 Meter unter der Geländeoberfläche und ist 123 Meter lang, 20 Meter breit und 42 Meter hoch. Nun hat der Einbau der Komponenten begonnen.
Da das neue Kraftwerk im badischen Murgtal als Oberbecken den seit 100 Jahren schon bestehenden Schwarzenbach-Stausee nutzt, sind mit dem Projekt kaum Eingriffe in die Landschaft verbunden. Entsprechend gut sei immer die Akzeptanz vor Ort gewesen, erklärt das Unternehmen: Im Genehmigungsverfahren habe es weder seitens der Gemeinde noch von ortsansässigen Bürgern Einwendungen gegeben.
Es ist ein historischer Kraftwerksstandort: Das von 1914 bis 1918 gebaute Murgwerk, ein Wasserkraftwerk in Forbach, war nämlich die Keimzelle des Badenwerks, das später in der EnBW aufging. In den Jahren 1922 bis 1926 wurde unweit davon zudem die Schwarzenbachtalsperre gebaut, die seither ebenfalls Teil eines Kraftwerkskomplexes ist, der heute den Namen Rudolf-Fettweis-Werk trägt, benannt nach dem ersten Vorstand des Badenwerks.
Nun investiert die EnBW 280 Millionen Euro in das Werk, um aus den bestehenden Anlagen ein vollwertiges Pumpspeicherkraftwerk zu machen. Bisher existiert an dem Standort nur ein System aus vier Einzelkraftwerken, das nur einen partiellen Pumpbetrieb ermöglicht. Ein klassischer Pendelbetrieb zwischen zwei Wasserreservoirs ist bisher nicht möglich. Im Herbst 2027 sollen die Anlagen in Betrieb gehen.
Dann wird das Wasser aus dem Schwarzenbach-Stausee durch ein senkrecht verlaufendes Druckrohr mit einer Fallhöhe von 365 Metern auf die Turbinen treffen. Eine beidseitig nutzbare Pumpturbine kann dann entweder 57 Megawatt aus dem Stromnetz aufnehmen, um Wasser empor zu pumpen, oder aber im Turbinenbetrieb 54 Megawatt erzeugen.
Ist Strom günstig, wird gepumpt, ist er teuer, wird Strom erzeugt
Die Turbine kommt ebenfalls aus Baden-Württemberg, von der Firma Andritz Hydro aus Ravensburg. Die Stadt in Oberschwaben ist ein traditionsreicher Standort der Turbinenfertigung, seit sich dort 1856 der Schweizer Maschinenbaukonzern Escher Wyss niederließ.
Ulrich Gommel, Projektleiter bei EnBW
Neben der Kraftwerkskaverne im kristallinen Grundgebirges wird derzeit außerdem ein Tunnelsystem mit einem Speichervolumen von 200.000 Kubikmetern geschaffen. Dieser Stauraum wird als Wasserreservoir dienen und zusammen mit einem bereits bestehenden Staubecken das Unterbecken des Kraftwerks darstellen. In Deutschland sei ein solcher Kavernenwasserspeicher bislang einmalig, sagt Projektleiter Ulrich Gommel.
Die verfügbare Wassermenge wird für einen rund siebenstündigen Betrieb ausreichen, die Speicherkapazität der Anlage wird bei 456 Megawattstunden liegen; das entspricht rund 50.000 mittelgroßen Batteriespeichern im Haushalt oder 7000 durchschnittlichen Autoakkus.
Das Kraftwerk wird sein Geld am freien Markt aus Preisdifferenzen verdienen, etwa an der Strombörse: Ist Strom reichlich vorhanden und der Preis daher günstig, wird in Forbach gepumpt, ist der Strom knapp und entsprechend teuer, wird Strom erzeugt. Binnen etwa einer Minute können die Maschinen hochgefahren werden.
Die Anlage ist zudem schwarzstartfähig. Das heißt: Sie kann auch nach einem kompletten Stromausfall ohne externe Stromversorgung starten und kann somit eine Keimzelle beim Neuaufbau der Stromversorgung sein. Das Projekt ist eine Langfrist-Investition; die Amortisation wird mehrere Jahrzehnte dauern. Aber in der Wasserkraft hat man immer in langen Zeiträumen gedacht – immerhin läuft die Konzession des Projekts bis zum 1. Januar 2090. Bernward Janzing
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