MIT ELEFANTENHOCHZEITEN AUF DU UND DU: Hoesch will zu Krupp
Dem Dortmunder Konzern geht's nicht mehr gut ■ Aus Dortmund Walter Jakobs
„Wir empfehlen die Übernahme“. Manche Hoesch-Mitarbeiter mochten ihren Augen nicht trauen, als sie diesen Satz des Hoesch- Sprechers Jochem Oertmann gestern in einer Regionalzeitung lasen. Der eigene Vorstand, der in den letzten Monaten immer wieder gegen den geheimen Krupp-Deal zur Übernahme von Hoesch in Stellung gegangen war, empfiehlt nun dem Aufsichtsrat der Hoesch AG auf der Sitzung am 14. Februar, der Fusion zuzustimmen. Das „respektable Einsparungsvolumen“ habe den Vorstand überzeugt.
Bisher hatte der Hoesch-Chef Kajo Neukirchen sein Unternehmen immer als „finanziell stark“ und auch als „stark genug, allein zu überleben“ bezeichnet. Glaubt man dem 'manager magazin‘, dann entsprach dieses Bild nie den Tatsachen. Nach den Informationen des Wirtschaftsblattes brach das Betriebsergebnis in den ersten neun Monaten 1991 regelrecht zusammen. Von dem 1990 erzielten 475 Millionen stürzte das 1991er Ergebnis auf 75 Millionan Mark ab. Der Übernahmecoup von Gerhard Cromme, der kurz vor Weihnachten den Krupp-Anteil an den Hoesch-Aktien auf 51 Prozent aufgestockt hatte, konnte nur gelingen, weil Hoesch „übernahmereif war“. Schwerkrank ist offenbar auch Krupp selbst. Die als Jahresüberschuß ausgewiesenen rund 300 Millionen Mark beruhten in erster Linie auf Bilanztricks und einer „abenteuerlichen Rechnung“, soll ein anonymer Krupp-Manager gesagt haben.
Jetzt gilt offenbar bei beiden Vorständen die Fusion als Rettungsanker. Hoesch erwartet Einsparungen von 400 Millionen Mark pro Jahr, Krupp beziffert die jährliche Ersparnis sogar auf 500 Millionen DM. Kenner der Stahlbranche bezweifeln diese Zahlen jedoch. Nie zuvor, so ein Stahlexperte zur taz, habe es vergleichbare Synergieeffekte gegeben. Zehn Prozent der angegebenen Summen seien eher realistisch. Wenn es tatsächlich auf eine halbe Milliarde pro Jahr hinausliefe, „müßte man beide Vorstände wegen Unterlassung verklagen“, so der Insider.
Als eindeutiger Gewinner der Fusion steht bisher nur Hoesch- Chef Neukirchen fest. Bei einer Verschmelzung mit Krupp, das hatte sich der Rohwedder-Nachfolger vom Hoesch-Aufsichtsrat schon im vergangenen November schriftlich geben lassen, kann er umgehend sein Amt niederlegen. Der Ausstieg würde ihm reichlich versüßt, denn die Bezüge aus seinem Fünfjahresvertrag von rund 1,5 Millionen Mark pro Jahr sollen bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende weiterlaufen.
Einen Tag nach dem Hoesch- Aufsichtsrat tritt der Aufsichtsrat der Krupp-GmbH zusammen. Auch dort muß die Fusion noch abgesegnet werden. Danach soll nach dem Zeitplan von Cromme auf einer außerordentlichen Hauptversammlung der Hoesch AG die Stimmrechtsbeschränkung von 15 Prozent abgeschafft werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen