: „Höllische Spirale von Gewalt und Repression“
■ Erklärung der unabhängigen algerischen Menschenrechtsliga zur Ausrufung des Ausnahmezustands
Abdenour Ali Yahia, der Präsident der unabhängigen algerischen Menschenrechtsliga LADDH, kann keiner Sympathien für die Islamisten verdächtigt werden. Nach der Ausrufung des Ausnahmezustandes in Algerien schrieb er:
„Algerien erlebt, nach dem Kriegsrecht im Oktober 1988 und im Juni 1991, wieder einen Ausnahmezustand... Er begünstigt flagrante, wiederholte, schwerwiegende und systematische Verletzungen der Menschenrechte, so des Rechts auf Leben und des Rechts auf Menschenwürde, die jedem Bürger zustehen. Das Dekret vom 9.Februar 1992 stellt eine grobe Vergewaltigung der juristischen Normen dar und ist ein außergewöhnlich schwerwiegender Angriff auf den Rechtsstaat. Wieder einmal wird die Meinung als Delikt behandelt. Tausende von AlgerierInnen, die sich weder Vergehen noch Verbrechen schuldig gemacht haben, werden in Konzentrationslager abgestellt, die man beschönigend „Sicherheitslager“ nennt... In unserem Land zeigt die Realität, daß man nicht nur den Staat vor Angriffen auf seine Sicherheit schützen muß, sondern vor allem den Bürger gegen die Übergriffe des Staates auf die individuelle Sicherheit der Bürger...
Die algerische Menschenrechtsliga drückt hiermit eine doppelte Verweigerung aus. Wir verweigern die höllische Spirale von Gewalt und Repression, die die algerische Gesellschaft wie ein Wundbrand auffrißt, die Gesetze des Dschungels wiederaufleben läßt und die weder Sieger noch Besiegte kennt, sondern nur Witwen, Waisen und Krüppel... Wir verweigern ein politisches System, das die Gesellschaft spaltet, eine Minderheit begünstigt und Millionen Bürger ausschließt, denen nur die Wahl bleibt zwischen Konformismus und Gewalt...
Das Regime muß den Dialog eröffnen, denn man kann weder um Särge herum noch hinter Gefängnisgittern diskutieren, sondern nur um einen Tisch. Wir müssen akzeptieren, daß die Basis der legitimen Macht die freien Wahlen sind, die freie Wahl des algerischen Volkes, was den Machtwechsel miteinschließt.“
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