: Höchststrafen für „Werwölfe“
■ Im Prozeß gegen die kaltblütigen Mörder eines Autofahrers forderte die Staatsanwaltschaft gestern einmal lebenslang
Cottbus (taz) – Im Mordprozeß gegen vier Mitglieder der selbsternannten „Werwolf-Jagdeinheit Senftenberg“ vor dem Cottbuser Landgericht forderte die Anklage gestern in ihrem Plädoyer Höchststrafen für zwei Angeklagte. Der 27jährige Jens-Werner K. soll wegen Mordes, räuberischer Erpressung und Verstoßes gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz lebenslänglich hinter Gitter.
Daniel L., der nach Ansicht von Staatsanwalt Pinder im Dezember 1991 „kaltblütig einen Fahrzeugführer“ erschossen hat, soll zu zehn Jahren Haft – der Höchststrafe im Jugendstrafrecht – verurteilt werden. L. war zur Tatzeit 18 Jahre alt. Für die beiden anderen Angeklagten, Maik H. und Silvio K., forderte Pinder Freiheitsstrafen von acht und neun Jahren.
Der Verteidiger von Jens-Werner K. betonte in seinem Vortrag, daß sein Mandant die Tat bereue und stellte „es in das Ermessen des Gerichtes, eine gerechte Strafe zu finden“. Der Rechtsbeistand von Daniel L. plädierte auf neun Jahr Haft. „Die persönliche Entwicklung von L. muß berücksichtigt werden“, meinte er.
Daniel L. wurde als Kind oft von seinen Eltern geschlagen und hat sich wegen Hänseleien über seine Fettleibigkeit oft geprügelt. „Daraus resultiert sein heute übersteigertes Männlichkeitsgehabe“, so sein Verteidiger. Die Verteidigerin von Silvio K. plädierte auf Freispruch.
„Die Tat entspringt einer absoluten Verrohung und ist Ausdruck einer gewissenlosen Brutalität“, begründete der Staatsanwalt das hohe Strafmaß. Die Angeklagten Jens-Werner K. und Daniel L. hatten gestanden, einen bewaffneten Raubüberfall am Abend des 12. Dezember 1991 verübt zu haben. K. brauchte Geld, um bereits erhaltene Waffen zu bezahlen. Ein Spielcasino in Spremberg sollte überfallen werden, und die Angeklagten benötigten dafür ein Fluchtfahrzeug. Sie täuschten mit ihrem Trabi auf der Landstraße nach Meuro einen Unfall vor, und der 27jährige Familienvater Timo K. stoppte, um zu helfen. Als er sein Auto nicht herausgeben wollte, schoß Daniel L. ihm zweimal in den Kopf. „Er schoß nicht beliebig in den Körper, sondern gezielt und bewußt und aus kürzester Entfernung, mit der Gewißheit, zu töten“, führte Pinder in seinem Plädoyer aus. Auf der Flucht stöhnte das Opfer, und Jens-Werner K. schoß vom Hintersitz des Fahrzeuges ein drittes Mal. „Allein der letzte Schuß hätte unmittelbar zum Tod geführt“, sagte der Staatsanwalt. Das Urteil wird kommenden Freitag gesprochen. Anja Sprogies
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