: Hilfloser Hungerstreik
■ Kurden werfen Rotem Kreuz vor, die Hilfe für Hungerstreikende reduziert zu haben / Aktion bis 15. August
Mit einem Hilferuf hat sich am Wochenende das Hungerstreikkomitee, das den kurdischen Hungerstreik in der Zossener Straße (Kreuzberg) betreut, an die Presse gewandt: Da das Deutsche Rote Kreuz seit der Kurdendemonstration am vergangenen Dienstag seinen Notarztwagen wieder abgezogen habe, würden dringend Krankenschwestern und Ärzte gesucht, um ehrenamtlich zu helfen.
Ein Sprecher des Hungerstreikkomitees gab an, daß das Deutsche Rote Kreuz (DRK) seit Donnerstag seine 24-Stunden-Betreuung ohne Angaben von Gründen eingestellt habe und nur noch sporadisch Sanitäter bei den Hungernden erschienen. Laut Hungerstreikkomitee sind von den 170 Hungernden 50 bereits seit dem 19. Juli ohne Nahrung. Die Hungerstreikenden solidarisieren sich mit ihrer Aktion mit den „10.000 kurdischen politischen Häftlingen in der Türkei“, die sich ebenfalls in einem Hungerstreik befinden. Dieter Hauptmann, Sprecher des DRK Berlin, kann die Aufregung nicht verstehen: „Wir tun einfach alles, um Katastrophen zu verhindern: Alle drei Stunden schicken wir Ärzte oder Sanitäter, die den Hungerstreik medizinisch begleiten.“ Helfer würden regelmäßig Blutdruck messen und Ratschläge geben, was die Nahrungsverweigerer trinken sollten.
Daß die Präsenz des Roten Kreuzes zu Beginn des Streikes dichter war, bestreitet der DRK- Sprecher nicht: „Wir brauchen unsere vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter auch an anderen Orten.“ Zur Zeit sei eine Dauerbetreuung nicht notwendig. Man habe außerdem extra eine Notrufnummer für die Hungerstreikenden eingerichtet. „Wenn man da anruft, ist in weniger als zehn Minuten einer von unseren Helfern vor Ort.“ Auch sei mit kurdischen Hilfsorganisationen abgesprochen worden, daß von kurdischer Seite Helfer eingesetzt würden.
Dr. Jamal Mohamed vom „Kurdischen Halbmond“ betreut als niedergelassener Arzt nach seinen Sprechstunden seine Landsleute im Hungerstreik. Er hält den Zustand der Hungerstreikenden „den Umständen entsprechend o. k.“ Trotzdem könne natürlich jederzeit etwas passieren. Bis jetzt träten bei einigen Streikenden Krämpfe aufgrund Mineralienmangels auf. Der Hungerstreik soll nach Angaben des Komitees noch bis zum 15. August andauern. Ein Einsatzleiter des DRK in Kreuzberg: „Egal wie lange die Aktion dauert: Wir lassen niemanden im Stich!“
Von heute an will sich auch das sogenannte „Kurdische Exilparlament“ für zwei Tage am Solidaritätshungerstreik beteiligen, wie einer Presseerklärung des Hungerstreikkomitees zu entnehmen ist. Adrian Prechtel
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