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Archiv-Artikel

Hilflose Reflexe

Arbeitsmarktpolitik wird das Problem der Arbeitslosigkeit nicht lösen, sagt der Chef des Beschäftigungsträgers bras

taz: Warum haben sich die meist verschmähten Ein-Euro-Jobs aus Ihrer Sicht bewährt?

Uwe Lange: Bei uns machen den Job fast alle Leute gerne, obwohl es ja zum Arbeitslosengeld nur gut 160 Euro im Monat gibt. Die meisten sind froh, dass sie etwas Sinnvolles tun können.

Ist ein Stundenlohn von einem Euro gerecht ?

Ja. Es kommt doch darauf an, wie viel man am Ende zur Verfügung hat. Und letzten Endes haben die Leute relativ viel Geld: 345 Euro, plus Wohnung, plus Integrationsjob, plus Fahrtkosten – das ist oft mehr, als man im ersten Arbeitsmarkt verdient. Für viele ist das natürlich überhaupt nicht ausreichend. Aber die Idee, dass der Staat für so viele Menschen voll aufkommen muss, finde ich einfach falsch.

Aber von den Ein-Euro-Jobbern landet doch kaum jemand im ersten Arbeitsmarkt?

Das stimmt, war aber auch nicht anders zu erwarten. Für Langzeitarbeitslose – wie wir sie betreuen – ist es sehr schwer, wieder einen Job zu bekommen. Das ist auch statistisch erwiesen. Viele von ihnen hatte viele Misserfolge in ihrem Leben, sind krank oder schlecht ausgebildet. Und jeder weiß, wie der Arbeitsmarkt heute funktioniert. Da wird nicht viel eingestellt. Und das lässt sich auch durch noch so gute Maßnahmen nicht ändern. Bei der bras haben wir eine Vermittlungsquote von rund 30 Prozent. Wie nachhaltig diese Jobs sind, in denen die Leute landen, kann ich nicht beurteilen.

Ist Ihre Analyse nicht eine Bankrotterklärung für die so genannten Integrationsjobs?

Das Problem ist ein gesellschaftliches, das lässt sich auch durch Ein-Euro-Jobs nicht lösen. Mit den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik oder Beschäftigungsträgern ist das gar nicht zu bewältigen. Wir können nur stolz darauf sein, die Arbeitsfähigkeit erhalten zu haben. Aber wir können da in einer globalisierten Wirtschaft keine wesentlichen Änderungen herbeiführen. Aber es ist auch nicht sinnvoll, zu Hause zu sitzen und nichts zu tun.

Aber gerade Förderprogramme für über 50-Jährige muten immer ein bisschen hilflos an.

Ja. Das ist nur ein Reflex darauf, dass gesellschaftlich und ökonomisch keine Antwort auf Langzeitarbeitslosigkeit gefunden wird. Aber eine gesunde Mischung von Älteren und Jüngeren ist für alle Betriebe wichtig.

Wie kann man die Firmen da zu einem Umdenken bewegen?

Durch eigenes Beispiel.

Brauchen wir Mindestlöhne?

Ich halte das für falsch. Das klappt zwar in vielen Ländern. Aber in Deutschland fürchte ich den gegenteiligen Effekt.

Interview: Jan Zier