: Hildegards Güte
■ Schriller: Teufelsberg Produktion
Muttis Rache heißt das neueste Programm der Teufelsberg Produktion, doch kein Mensch weiß warum. Man könnte Mutmaßungen anstellen, die aber zu nichts führen, da die dreiköpfige Truppe aus Berlin selber nicht weiß, wie der Name für das Gastspiel zustande kam. Wie der Titel, so das Stück – wer weiß, was soll es bedeuten? Teufelsberg Produktion war zunächst ein Label für lustige Kurzfilme auf Super 8. Doch weil man damit niemanden für einen ganzen Abend gewinnen konnte, hängten die Macher noch ein paar Live-Show-Einlagen an, die sich seit einigen Jahren immer wieder zu eigenen Bühnenprogrammen entwickeln. Ziel ist es, lediglich mit einem Konzept aber ohne Textbuch den Abend zu bestreiten und viel zu improvisieren. Der erste Teil des Abends wirkte dann aber doch eher laienhaft als spontan. Langatmig wurde das Proll-Pärchen Hotte und Edith aus Neukölln auf der Fahrt nach Hamburg (aktueller Bezug) dargestellt, und was einem bei Karstadt so alles passieren kann. Edith (Ades Zabel) wird beim Diebstahl erwischt, erschießt den Detektiv (Olaf Wriedt) und hat mit der Poli- tesse (Robert Schneider) lesbischen Sex. Auch die Politesse – „Ich bin verlor'n, ich hab gleich Ediths Brüste in der Hand!“ – segnet das Zeitliche. Und wenn Edith noch ein Doors-Lied auf Amanda-Lear-Art schmettert, ist das nicht gerade ein Genuß. Bis dahin war die einzige Bewegung auf der kargen Bühne in den grell geschminkten Gesichtern zu sehen. Im zweiten Teil hingegen war das Trio sicherer. Eine Travestie-Talent-Show wurde hier zum Aufhänger eines Playback-Potpourris. Wechselnde Kostüme, wilde Gesten und vielsagende Mimik brachten Schwung: offensichtlich nicht mehr ganz so spontan und wesentlich besser. Besonders hervorzuheben ist dabei eine Hildegard Knef von Robert Schneider, die in allem nahezu perfekt war. Schade, daß nicht alle Rollen so konsequent durchgehalten wurden. Da Muttis Rache aber Spontantheater ist, sieht eh jeder Abend anders aus.
Remmer Koch
Bis Sonntag, 20.30 Uhr, SchlapplacHHalde
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen