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High-Tech im Öko-Landbau

■ Biologische und konventionelle Landwirtschaft im Vergleich / Computer und Satellitenbilder zeigen den Bauern, wo sie den Dünger ausbringen sollen

„Es wird gesagt, daß Ökologie immer mit wenig Technik verbunden sein muß. Wir sind der Meinung, daß man eine Optimierung des ökologischen Systems dadurch erzielen kann, daß man die High- Tech-Industrie mit einbindet.“ Der Geoökologe Ralph Hantschel vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF) in Neuherberg legt eine Folie mit einem Luftbild auf den Tisch. Deutlich erkennbar auf dem Bild, das von einem Satelliten aufgenommen wurde, sind unterschiedlich gefärbte Flächen. Sie gehören zu dem 150 Hektar großen Hofgut Scheyern, 40 Kilometer nördlich von München. Seit zwei Jahren läuft hier ein Projekt des Bundesforschungsministeriums: Zwei landwirtschaftliche Nutzungssysteme sollen in ihren Auswirkungen auf das Ökosystem über einen Zeitraum von 15 Jahren miteinander verglichen werden. Die beiden Systeme: der integrierte Anbau, bei dem „gezielt“ Chemie eingesetzt wird, und der ökologische Landbau, der auf synthetische Chemie vollständig verzichtet.

Das Luftbild, das Hantschel vorlegt, zeigt, wieviel an welchen Stellen eines Getreidefeldes geerntet wurde. Es ist Ergebnis eines komplizierten Verfahrens: Der Mähdrescher, der das Feld aberntet, ist mit einem Computer und einem Meßgerät ausgestattet, mit dem der Ertrag erfaßt werden kann. Außerdem besteht eine Verbindung zu einem vom US-Verteidigungsministerium betriebenen Satellitenortungssystem. Die Erntedaten und das Satellitenbild können so gekoppelt werden. Ergebnis der aufwendigen Prozedur: Auf einem Feld ergaben sich Abweichungen in der Erntemenge von bis zu 200 Prozent. Nun soll der Computer errechnen, wo im kommenden Jahr mehr oder weniger gedüngt wird. „Bisher hat der Landwirt überall dieselbe Düngermenge ausgebracht, egal ob's im Boden versickert oder ob die Pflanzen den Dünger aufnehmen. Mit dieser Methode kann man mit wenig Aufwand Karten als Vorlage für das kommende Jahr erstellen. Dort, wo die Pflanze den Dünger besser aufnehmen kann, kann man mehr düngen“, erläutert der GSF-Experte Hantschel.

Aber nicht nur die optimierte Düngung hat es den Wissenschaftlern angetan. Vielmehr geht es darum, Luftbilder „zu eichen“. Durch den Abgleich mit den auf dem Acker erhobenen Daten wollen sie lernen, Luftbilder besser zu lesen. Irgendwann soll dann das Luftbild allein ausreichen, um die Düngermenge zu ermitteln.

Beim Naturland-Verband, unter dessen Signet die Produkte des ökologisch bewirtschafteten Teils des Versuchsguts vertrieben werden, steht man dem Forschungsvorhaben, trotz dessen High-Tech- Freundlichkeit, sehr wohlwollend gegenüber. „Soviel Geld für Forschung könnten wir nie aufbringen“, so Bernhard Schreyer von Naturland. Man erhofft sich bei dem ökologischen Anbauverband besonders von den Saatgut-Versuchen mit Roggen, Weizen und Dinkel neue Erkenntnisse. Daß das Projekt eine großangelegte Initiative für den integrierten Anbau und damit für den Einsatz von Chemie werden könnte, diese Gefahr sieht Schreyer nicht.

Weitere Zielsetzung des Projekts, das für die nächsten fünf Jahre einen Etat von 50 Millionen Mark zur Verfügung hat, ist das Erfassen von Spurengasen, die durch mineralische (integrierter Anbau) und organische Düngung (ökologischer Anbau) aus dem Boden freigesetzt werden. Außerdem wird erfaßt, wie sich Flora und Fauna verändern werden. Da das Versuchsgut vorher intensiv bewirtschaftet wurde, sind nur noch wenige Arten vorhanden. Durch das Anlegen von Hecken hat sich beispielsweise die Vogelpopulation bereits verändert. Zudem entwickeln die Wissenschaftler Rechenmodelle (Ökobilanzen). Sie sollen eine möglichst umfassende Einschätzung dessen liefern, was sich die Gemeinschaft die sogenannten „landschaftspflegerischen Maßnahmen“ kosten lassen soll. Gabriele Maier-Spohler

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