■ Press-Schlag: Hexenwerk
Die drei Hexen des Macbeth hätten hervorragende Bundesliga-Trainer abgegeben. „Fair is foul and foul is fair“, lautete ihr Credo, das noch heute im Profifußball seine Gültigkeit hat. Untersuchungen des Wissenschaftlers Gunter A. Pilz belegen, daß schon jugendlichen Kickern das Wissen darüber, was eigentlich Fairneß ist, vollständig abhanden gekommen ist. Die meisten halten es für den Gipfel des Anstandes, wenn sie sich nach einem groben Foul bei ihrem Gegner entschuldigen. Daß jedes Mittel recht ist, den Kontrahenten am Torschuß zu hindern, unterliegt auch im Profifußball keinem Zweifel, als unfair gilt nur, was ganz besonders wehtut. So formulierte Teamchef Franz Beckenbauer bei der WM 1986 den erstaunlichen Satz: „Es gab sehr viele Fouls, aber es war ein faires Spiel.“
Der DFB teilt solche Meinungen nicht mehr, hat seine Schiedsrichter angewiesen, schärfer vorzugehen, und schon tobt die Trainer- und Kommentatorenseele. Als Schiedsrichter Amerell beim Supercupspiel zwischen Bremen und Leverkusen sieben völlig berechtigte Gelbe Karten zeigte und die zahllosen Fouls konsequent mit Freistößen ahndete, drückte Bundestrainer Berti Vogts sein „Unverständnis“ aus und Karl- Heinz Rummenigge verbreitete die Mär, daß der deutsche Fußball nun untergehen werde, da „international“ angeblich brutaler gespielt werde. Zudem, hieß es, werde durch die Pfeiferei der Spielfluß gestört.
Doch fast jeder Pfiff Amerells hatte seine Berechtigung, jedesmal war ein Spieler mit unerlaubten Mitteln um seinen Vorteil gebracht worden. Und was den Spielfluß betrifft, so leidet dieser vor allem, wenn ein Spieler wie der Brasilianer Sergio bei jedem seiner Sturmläufe eine krachende Bauchlandung vollführt. Symptomatisch die offene Drohung in der Aussage seines Gegenspielers Thomas Wolter, daß Sergio seine Tänzchen in der Bundesliga wohl kaum lange aufführen könne.
Seit geraumer Zeit krankt der Fußball unter anderem daran, daß seine versiertesten Könner ständig zwei Leute am Trikot hängen haben und mehr am Boden liegen als den Ball spielen. Die konsequente Regelanwendung ist genau der richtige Weg aus der Misere. „Die Spieler müssen sich zusammenreißen“, verlangt Amerell, zumal in der neuen Saison die Gelben Karten wieder akkumuliert werden und es bei jeder fünften ein Spiel Sperre gibt. Die Zeiten, in denen die Spieler „einen Tritt frei hatten“ (Amerell), sind damit vorbei.
Zum Trost dafür, daß sie den Begriff Fairneß nun neu definieren müssen, seien die Fußballer darauf hingewiesen, daß sauberes Spiel durchaus lohnen kann. Eine Untersuchung hat ergeben, daß die holländische Nationalmannschaft in den Spielen gegen Deutschland dann am besten war, wenn sie vollkommen ohne Fouls spielte. Matti
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