: „Herde von schwarzen Schafen“
■ Expertengespräch zur „Bekämpfung der Rüstungskriminalität“
Düsseldorf (taz) —Die Verschärfung der Strafvorschriften gegen illegale Rüstungsexporteure und die Ausweitung der Kontrollmechanismen, die die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen hat, sind bei einem „Expertengespräch“ gestern in Düsseldorf überwiegend positiv aufgenommen worden. Karl Heinz Matthias, Leiter des Kölner Zollkriminalinstituts, das personell um achtzig Stellen aufgestockt werden soll, warnte zugleich davor, schnelle Ermittlungsergebnisse zu erwarten. Die entsprechend qualifizierten Leute zu finden oder das geplante EDV-Kontrollsystem an den Grenzübergängen einzurichten, werde noch viel Zeit in Anspruch nehmen.
Während der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt Hans Büschgens die seltenen Ermittlungsverfahren gegen illegale Waffenschieber — in NRW laufen derzeit nur sieben Verfahren — mit den besonderen Schwierigkeiten begründete, tatsächlich Beweise für einen Anfangsverdacht im strafrechtlichen Sinne zu finden, machte der 'Spiegel‘-Redakteur und Autor des Buches Exporteure des Todes, Hans Leyendecker, die „Kumpanei“ und die „augenzwinkernde Zustimmung“ zwischen den Politikern und den Waffenexporteuren für die seltenen Fahndungserfolge verantwortlich. Man habe die Lücken bei den Kontrollinstanzen, zum Beispiel im Bundesamt für Wirtschaft, „bewußt entstehen lassen“. Insgesamt könne man auch nicht von wenigen Sündern sprechen, sondern es „gebe eine Herde von schwarzen Schafen“.
Vom tatsächlichen Wirken dieser Herde wissen auch zahlreiche gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte, doch deren Aufklärungsbedürfnis hält sich in engen Grenzen. Aus dem Bereich der Arbeitnehmer seien in den vergangenen Jahren „null Hinweise“ gekommen. Erst in den letzten drei Wochen habe es einige anonyme Briefe gegeben, berichtete der Leiter des Zollkriminalinstituts. Bernhard Wurl vom Hauptvorstand der IG Metall verteidigte die Zurückhaltung der Arbeitnehmer mit dem immensen Druck, dem sich Aussagewillige ausgesetzt sähen.
Daß der allergrößte Teil des Waffenexports — gerade auch in den Irak — legal abgewickelt wurde, kam bei dem Expertengespräch, das die „Rüstungskriminalität“ zum Thema hatte, nur am Rande zur Sprache. Da gibt es selbst innerhalb der Landesregierung einen Bruch. Während Innenminister Herbert Schnoor am Mittwoch dafür warb, „daß wir dem Waffenexport, diesem Geschäft mit dem Tod, endlich ein Ende bereiten“, mochte Justizminister Rolf Krumsiek am Donnerstag nur darauf drängen, „Rüstungsexporte soweit wie möglich einzuschränken“.
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