: Herbe Niederlage für Schwierzomper
West-Ost-Transfer von SenatorInnen in den Magistrat gescheitert Schwierzina wollte Westberliner Regierungspolitiker in den Magistrat holen ■ Von CC Malzahn und K. Doerfler
Berlin (taz) - Was gestern morgen wie eine Bombe in die beiden Berliner Rathäuser einschlug, endete schon gestern abend als Rohrkrepierer. Der Vorschlag des designierten Ostberliner Oberbürgermeisters Tino Schwierzina, „im Magistrat künftig drei Westberliner SenatorInnen mitregieren“ zu lassen, wurde nach einer mehrstündigen Fraktionssitzung der SPD im Roten Rathaus von ihm selbst wieder zurückgezogen.
Die Ostberliner Christdemokraten hatten die Idee zuvor entschieden abgelehnt und damit gedroht, die geplante Koalition platzen zu lassen. Auch die Abgeordnetenhaus -Fraktion der SPD konnte mit dem Modell nichts anfangen. Fraktionschef Staffelt: „Völlig indiskutabel.“ Selbst bei der Ostberliner SPD-Fraktion im Roten Rathaus fand Schwierzina nach „kontroverser Debatte“ keine ausreichende Unterstützung.
Schwierzina, dessen Vorstoß einstimmig vom Ostberliner Parteivorstand unterstützt und offensichtlich von Walter Momper forciert wurde, wollte den Westberliner Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), den Finanzsenator Norbert Meisner (SPD) und die Schulsenatorin Sybille Volkholz (AL-nah) in sein Kabinett holen. Damit solle „ein Zeichen für die Vereinigung Berlins gesetzt werden“. Praktisch sollte der Deal so aussehen, das Nagel, Volkholz und Meisner den Osten von ihrem Westberliner Amtssitz aus mitregieren.
Die Fraktionen von SPD und AL im Abgeordnetenhaus wurden durch den Vorschlag völlig überrascht. Die AL erklärte Schwierzinas Plan für „politisch falsch und nicht durchdacht“, in der Fraktion der Ostberliner SPD im Roten Rathaus fühlten sich viele Abgeordnete „einfach übergangen“.
Bei der CDU stieß der Oberbürgermeister in spe mit seinem Vorschlag auf Granit: „Das ist kein Beitritt Ost-Berlins nach West-Berlin, das ist auch kein Anschluß, das ist eine glatte Übergabe an Herrn Momper!“ wetterte Eberhard Engler, Chef der Ostberliner Christdemokraten, im taz-Interview. Verfassungsrechtlich bestünden gegen das Vorhaben keine Bedenken, hieß es aus der Senatskanzlei von Walter Momper. In der Kommunalverfassung der DDR sei nichts darüber ausgesagt, daß ein Stadtrat Bürger der DDR sein müsse, hieß es. Die CDU will die Personen im Magistrat aber nur akzeptieren, wenn sie ihren Senatorenjob an den Nagel hängen.
Durch den Vorschlag gerät nun der ganze Zeitplan zur Magistratsbildung durcheinander. Die für heute vorgesehene Wahl der Stadtregierung „fällt erst mal flach“, erklärte ein CDU-Sprecher. Schwierzina gestern abend frustriert: „Es lohnt sich nicht, gegen den Wind Klavier zu spielen!“
Die Konfusion kann nun kaum größer sein, und der nächste Konflikt steht Schwierzina schon ins Haus. Zwei Mitglieder der künftigen Ostberliner Stadtregierung sollen seiner Vorstellung nach aus den Reihen des grün-alternativen Lagers kommen: Sebastian Pfugbeil (Bündnis 90) und Tatjana Böhm (Unabhängiger Frauenverband). Möglicherweise klappt auch das nicht: Über die Besetzung der Regierungsposten durch die SPD müsse erst mal noch beraten werden, hieß es gestern aus der Ost-SPD-Fraktion. Siehe auch Interview und
Kommentar im Lokalteil
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