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„Hemmungslose Agitation“

■ Petitionsausschuß des Bundestages sieht sich durch Begehren gegen die Volkszählung brüskiert / Unruhe in der Bevölkerung sei das Werk von Agitatoren

Berlin (taz) – Mehrere tausend BundesbürgerInnen haben den Deutschen Bundestag „anmaßend provoziert“, als sie im Frühjahr dieses Jahres dem Vorschlag der Humanistischen Union (HU) folgten und den Petitionsausschuß des Bundestages um eine sofortige Aussetzung der Volkszählung anriefen. Zu dieser beleidigten Belehrung kommt jetzt der Petitionsausschuß in seiner ablehnenden Antwort auf die tausendfachen Petitionen, die als Vordruck der HU-Broschüre „Bürgerinformation zur Volkszählung“ beilagen.

Man habe die Petitionen für „erledigt“ angesehen, so der Petitionsausschuß, denn sie hätten sich auf die „Bürgerinformation“ bezogen, und die wiederum enthalte „unverhüllte, detaillierte Anleitungen zum Boykott der Volkszählung“. Außerdem könne die von den Petenten angeführte „Unruhe unter der Bevölkerung“ über die Volkszählung „kein Anlaß sein, von der Volkszählung abzusehen“, denn sonst würde „die Geltung gesetzlicher Regelungen davon abhängig gemacht, inwieweit es Agitatoren gelingen würde, Unruhe in der Bevölkerung zu erzeugen und zu verbreiten. Die Bürger bestimmen zwar durch Wahlen den Gesetzgeber, aber was der Gesetzgeber durch ordnungsgemäß zustandegekommene, zwingende Vorschriften bestimmt, hat der Bürger zu befolgen“, meint die angeblich bürgerfreundlichste Institution des Deutschen Bundestages.

„Soweit in der Bevölkerung tatsächlich Unruhe vorhanden war oder noch besteht“, weiß der Petitionsausschuß weiter, „ist sie zumindest teilweise darauf zurückzuführen, daß durch eine hemmungslose Agitation, die in Einzelfällen in Gewalttaten mündete, unbegründetes Mißtrauen geschürt wurde“. Unter den gegebenen Umständen verstehe es sich von selbst, daß das Anliegen der Petenten, „ernstlich nicht in Betracht gezogen werden kann.“

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